Kapitel 10 - Auf der Flucht Apollon hatte sich auf einen kleinen Felsen am Flusslauf gesetzt und lauschte dem Plätschern des Flusses. „Ich bin gleich fertig“, verkündete Venusta, die dabei war die letzten Kleidungsstücke auf die Wäscheleine zu hängen. Lächelnd blickte Apollon zu ihr: „Lass dir ruhig Zeit.“ Als Venusta das letzte Kleidungsstück platziert hatte, ging sie zu Apollon und setzte sich neben ihn auf den Felsen: „Apollon?“ „Ja?“, antwortete er. Sie lehnte ihren Kopf leicht gegen seine Schulter. Verlegen drehte Apollon den Kopf weg, da er sich nicht sicher war, ob er rot anlief. Venusta senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: „Ich mag dich wirklich sehr, Apollon.“ Eine kurze Pause folgte, als Apollon darauf hin nichts sagte, setzte sie fort: „Ich glaube, dass es bei dir genauso ist oder?“ Ein unsicheres Nicken folgte von Apollon, ehe er zustimmte: „Ja… ich liebe dich, Venusta.“ Venusta lächelte überglücklich, legte ihre Hand auf Apollons Wange, sodass er sie ansehen musste und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange: „Ich liebe dich auch.“ Erschöpft ließ sich Fusco auf eine Parkbank fallen. Stadt für Stadt hatte er abgesucht, aber nirgends war eine Spur von Corvus. Er blickte hinauf zu den Ästen des Baumes hinter ihm: „Das ist ja zum verrückt werden. Corvus kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Der ist ja genauso schwer zu finden, wie der kleine Bruder von Aposter.“ Kaum hatte er es ausgesprochen, musste Fusco darüber laut lachen, sodass ihm fast die Tränen kamen. Zwischen den Ästen des Baumes saß eine Krähe, an die Fusco sich grinsend wand: „Wäre es nicht zu komisch, wenn Corvus seinen Onkel gefunden hätte? Die beiden könnten jetzt gemeinsam an einem Tisch sitzen und Witze über den Teufel reißen.“ Fusco konnte schon immer unheimlich gut über seine eigenen Witze lachen. Schöner wäre es jedoch, wenn Corvus bei ihm wäre. Er hatte schon lange keine Lust mehr auf den Teufel und Corvus war ihm wirklich ans Herz gewachsen. Echinus trat wütend einen kleinen Stein durch die Gegend. Schon seit dem gestrigen Tage hatte er aufgegeben in den Städten und Dörfern zu suchen. Bereits einige Wälder hatte abgesucht, dass ein oder andere Feld und gerade war er auf einer weiten Wiesenlandschaft unterwegs. Als Echinus das Plätschern eines Flusses vernahm, entschloss er sich diesem zu folgen. Obwohl er weit entfernt von Dörfern und Städten unterwegs war, erblickte er ein Haus. Echinus sog die Luft ein und schärfte seine Sinne. Wenn er sich nicht täuschte, nahm er Corvus Geruch war. Schnellen Schrittes lief er auf das Haus zu. Kaum hatte er Corvus erblickte, ging er ins Rennen über. Die weiße Wölfin neben ihm am Wasser interessierte ihn nicht. Corvus wirkte so unbekümmert, dass es Echinus nur noch wütender machte und er knurrte. Er schoss mit schwarzen Magiekugeln auf Corvus, als er nahe genug dran war. Venusta reagierte schnell und schubste sich samt Corvus ins Wasser. Der Fluss war flach, sodass Corvus sich keine Gedanken ums Ertrinken machen musste. Schnell stand er wieder auf und war nun auf Echinus aufmerksam geworden. Verdammt! Wie konnte ich meine Verfolger vergessen? Jetzt ist Venusta wegen mir in Gefahr. Apollon knurrte wütend: „Verdammter Dämon!“ Er schoss mit schwarzen Magiekugeln auf Echinus. Dieser wich aus und ging sofort zum Gegenangriff über, wobei er ebenfalls mit schwarzen Magiekugeln schloss. „Was ist los, Corvus? Dachtest du, du könntest entkommen?“, fragte ihn Echinus spottend. Die beiden wichen gegenseitig ihren Angriffen aus, wobei Apollon sich immer weiter vom Fluss entfernte, um Venusta aus der Ziellinie heraus zu bekommen. Niemals würde er sich verzeihen, wenn ihr etwas passieren würde. Immer wieder wurde Apollon von einer Kugel gestriffen, während Echinus keine Probleme hatte Apollons Angriffen auszuweichen. Venusta war ebenfalls aus dem Wasser gestiegen und beobachtete den Kampf. Es sah nicht gut aus für Apollon. Er würde den Kampf noch verlieren, wenn das so weiterging. Echinus zeigte keinerlei Gnade und beschleunigte seine Angriffe weiter. Venusta zögerte nicht länger und griff Echinus mit weißen Magiekugeln an. Jede Kugel traf ihr Ziel. Dabei rannte sie auf Apollon zu. Echinus wich einige Schritte zurück, wirkte einen Moment irritiert, ließ sich aber nicht von seinem Vorhaben abbringen: „Du wirst sterben, Corvus!“ Apollon war vollkommen durcheinander. Nicht mit einem Wort hatte Venusta erwähnt, dass sie eine weiße Magierin war. Er war einfach stehen geblieben und achtete nicht mehr auf Echinus. Venusta merkte dieses und blendete den Dämon mit einem grellen Licht, welches erst schwach zwischen ihren Händen aufleuchtete und sich dann in Echinus Richtung ausbreitete. Sie packte Apollon am Arm und zog ihn mit. So schnell sie konnte, rannte sie mit ihm weg vom Haus: „Los! Apollon! Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ Noch immer nicht ganz bei der Sache, ließ Apollon sich teils mitziehen, teils rannte er mit. Es waren so viele Fragen in seinem Kopf. Warum hat sie nichts gesagt? Hat sie mir nur geholfen, weil sie wusste, wer ich bin? Täuschte sie ihre Liebe nur vor? War das alles nur gespielt, damit ich bei ihr bleibe? Hat mein Onkel damit etwas zu tun? Was soll ich jetzt tun? Wenn ich bleibe, ist sie in Gefahr, egal ob sie mich liebt oder nicht. Ich liebe sie. Venusta blickte immer wieder hektisch hinter sich. Der Dämon war bisher nicht zu sehen. Hoffentlich hatte das grelle Licht sein Sehvermögen für eine Weile ausgesetzt. Hier in der Gegend konnten sie nirgends mit Hilfe rechnen. Einem Dämon zu entkommen, war fast unmöglich. Diese konnte schließlich viel schneller rennen und ein offener Kampf war im Moment keine gute Idee. Apollon schien noch immer nicht verkraftet zu haben, dass sie eine weiße Magierin war. Als sie ein gutes Stück gelaufen waren und der Dämon nirgends zu sehen war, blieb sie stehen: „Apollon, ist alles in Ordnung?“ „Das fragst du noch?“, entgegnete er hart und sehr aufgebracht, „Du hast mir doch nur geholfen, weil du wusstest, wer ich bin.“ „Apollon“, sagte sie sanft, „ja, es stimmt. Ich habe dich erkannt. Gleich am ersten Tag und dir deswegen geholfen, aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Ich liebe dich, Apollon.“ „Jetzt erzählst du mir das, wo es zu spät ist und ich soll das einfach glauben?“, fragte er verletzt und sich selbst nicht sicher, was er glauben oder nicht glauben sollte. „Apollon“, begann sie erneut, jedoch wollte er nichts mehr hören. Er machte einige Schritte zurück und schüttelte den Kopf, ehe er in grau-rotem Rauch verschwand. Venusta erschrak, jedoch konnte sie nichts mehr tun. „Apollon!“, schrie sie laut in die Ferne, ohne eine Antwort zu erhalten. Avisa blätterte in dem Buch über die Krähenmagie herum. Viele komplizierte Zauber waren hier verzeichnet und nur die mächtigsten Krähenmagier konnten diese ausführen. Sovos saß mit ihr allein im Wohnzimmer. Sie hatten darum gebeten, dass die beiden Beschützer sie eine halbe Stunde allein ließen. Das taten sie wirklich ungern, da es ihre Pflicht war an Avisas Seite zu bleiben. Jedoch hatte sie ja nicht vor das Haus zu verlassen, so ginge das mal in Ordnung. Sovos sah ihr von seinem Sessel aus zu: „Avisa, ich denke nicht, dass es einen Zauber gibt, um einen anderen Krähenmagier aufzuspüren. Wir müssen ihn so suchen.“ Das wollte Avisa gar nicht hören: „Er wirkt so abweisend in den Träumen. Ich denke er hat Angst. Wir müssen ihn finden.“ Das Avisa ihn in den Träumen erreicht hatte, war ein gutes Zeichen und wies darauf hin, dass Apollon sich vom Teufel befreit hatte. Vielleicht hätte Sovos nur ein wenig länger aushalten müssen. Aber wer konnte das schon sagen!? Sich Vorwürfe zu machen, half niemandem weiter. Aufgeregt lief Venusta hin und her. Was sollte sie jetzt nur tun? Apollon würde sicherlich nicht zurückkommen und wer wusste schon, wohin er verschwunden war!? Sie hatte große Angst um ihn, ihre Augen füllten sich mit Tränen: „Oh Apollon, hätte ich nur früher etwas gesagt.“ Etwas unsicher blickte sie in die Richtung aus der sie gekommen war. Zurück zum Haus musste sie auf jeden Fall, aber was war, wenn der Dämon dort auf sie wartete. Die andere Option war bis zur nächsten Stadt zu laufen. Das wäre ziemlich weit. Sie wischte sich die Tränen weg und seufzte: „Also los.“ Sie hatte sich für den Rückweg zu ihrem Haus entschieden. Auch Fusco hatte es inzwischen aufgegeben in den Städten weiter zu suchen und war auf einem Feldweg unterwegs. Das erste Stück hatte ein Bauer ihn mit seinem Traktor mitgenommen, jedoch war er nun wieder allein. Die Stille machte ihn nachdenklich. Es schien völlig aussichtslos Corvus zu finden. Irgendwo musste er doch untergekommen sein, schließlich hatte er kein Geld. Seine absolut verrückte Idee, dass Corvus seinen Onkel gefunden hatte, verwarf Fusco auch nicht ganz. Bei dem Gedanken daran musste er wieder breit Grinsen. Das wäre wirklich unglaublich. Er dachte zurück an die Zeit mit Caligare, Corvus‘ Großvater. Sie waren wirklich gute Freunde. Caligare hatte zwei Söhne. Aposter und den 12 Jahre jüngeren Amelus. Es war eigentlich erstaunlich, dass dem Teufel nicht aufgefallen war, dass Caligare seinen älteren Sohn „Verräter“ getauft hatte. Da musste man doch misstrauisch werden, aber Satan schien das nie zu interessieren. Amelus hingegen war nach einer Sternblume benannt, wegen seiner leuchtenden Augen. Ein schöner Gedanke. Wie Amelus wohl inzwischen aussah!? Caligare hatte nie gewollt, dass seine Kinder ewig dem Teufel dienten. Darum entschloss er sich Amelus fort zu bringen. Caligare wurde auf der Flucht getötet, jedoch wurde Amelus nie gefunden. Aposter war von diesem Tage an allein und Fusco übernahm die Rolle des Freundes und Vaters. Es verging kein Tag an dem Aposter nicht nach seinem Bruder suchte, aber niemand hörte jemals etwas von ihm. Warum Caligare seinen älteren Sohn einfach zurückgelassen hatte, war Fusco bis heute schleierhaft. Er blickte hoch zum Himmel: „Caligare? Warum hast du das getan?“ Eine Antwort würde er wohl nie bekommen. Nur eines stand fest, dass Caligare damals total durcheinander war. Alles begann bereits mit Amelus‘ Geburt. Aposter wurde gänzlich vernachlässigt und kümmerte sich alleine um seinen jüngeren Bruder. Caligare war so gut wie nie anzutreffen. Fusco hatte schon lange nicht mehr daran zurückgedacht. Irgendwie bedrückte ihn das und er hatte wirklich keine Zeit jetzt der Vergangenheit nachzutrauern. Er musste Corvus finden. Venusta blickte sich vorsichtig um, ehe sie zur Tür ihres Hauses ging. Selbst als sie die Tür öffnete und die ersten Schritte hinein tat, blickte sie sich noch nervös um. Sollte der Dämon hier irgendwo sein, hätte sie keine Chance, wenn er sie zuerst erblickte. Angestrengt lauschte sie. Alles schien in Ordnung zu sein. Sie entspannte sich etwas. Schnellen Schrittes lief sie zum Telefon und wählte eine Nummer. Es klingelte, einmal, zweimal, klack… es wurde abgehoben. „Hallo, hier ist Venusta, Außenposten Nr. 58. Ist es möglich mit jemanden aus der Adelsfamilie zu sprechen? Es ist wirklich dringend. Prinz Apollon war hier“, erklärte Venusta mit ruhiger Stimme. In ihr drin tobten ihre Gefühle. Sie lauschte der Antwort am Telefon: „Ok, ich warte.“ Der Hörer auf der anderen Seite wurde weggelegt. Schweigen folgte. Jede Sekunde kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Endlich wurde der Hörer aufgenommen und eine Stimme meldete sich: „Sovos hier. Venusta, richtig?“ Venusta war erleichtert: „Ja, richtig. Ich bin so froh mit euch persönlich sprechen zu können. Prinz Apollon war hier, einige Tage. Ich weiß, ich hätte vorher schon Bescheid geben müssen, aber ich war besorgt, dass er dann einfach verschwinden würde. Ich konnte die Situation nicht richtig einschätzen. Es tut mir Leid.“ „Beruhige dich erst einmal“, meinte Sovos mit sanfter Stimme, „beginne ganz von vorne. Was ist passiert?“ Apollon lief bereits einige Zeit ziellos umher. Als er verschwand, hatte er kein spezielles Ziel gehabt und auch nicht weiter darauf geachtet, wo er denn nun eigentlich gelandet war. Die ganze Zeit über ging ihm Venusta nicht aus dem Kopf. Immer wieder musste er an sie denken, aber wäre er bei ihr geblieben, hätte er sie weiterhin in Gefahr gebracht. Es war besser so. Er war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht merkte, wie jemand näher kam. Von hinten legte er eine Hand auf Apollons Schulter: „Hey! Du bist doch Fuscos Schützling!“ Schlagartig drehte sich Apollon um und blickte überrascht den Schakal vor ihm an: „Dimidius.“ „Also habe ich mich nicht geirrt“, stellte Dimidius lächelnd fest, „Aber Fusco ist nicht irgendwo in der Nähe oder?“ Apollon schüttelte den Kopf. Dimidius war ein Halbdämon, trotzdem wirkte er sehr freundlich. Zur Abschreckung trug er eine Pistole bei sich, die ihn nur geringfügig bedrohlicher erscheinen ließ. Doch das täuschte, dass wusste Apollon. Wenn Dimidius erst einmal seine dämonischen Kräfte nutzte, war er nicht zu unterschätzen. Dämonische Magie, schwarze Magie und die Stärke eines Dämons waren Dimidius gegeben. Diese nutzte er jedoch nur im Notfall. Bei den Gewöhnlichen reichte es in der Regel diese mit der Pistole zu bedrohen oder einen Schuss in die Luft abzugeben. Hingegen würde einen Dämon das weniger abschrecken. „Corvus war der Name?“, hackte Dimidius noch einmal nach. Die beiden kannten sich nur flüchtig. „Apollon“, verbesserte er ihn. „Seit wann das?“ fragte Dimidius verwundert, „Arbeitest du nicht mehr für den Teufel? Warst du das Henkerdasein Leid?“ „So ungefähr“, erklärte Apollon, „Ich bin auf der Flucht.“ Bei den letzten Worten blickte Apollon ihn direkt an. Das ist seltsam. Ich hatte fest damit gerechnet, dass wieder irgendwas passieren würde. Es scheint jedoch alles in Ordnung zu sein. Keine Schmerzen, keine Stimme. Dimidius bestätigte es mit einem Nicken: „Verstehe. Nun… da du Fuscos Schützling bist, werde ich dir mit meinem Rat zur Seite stehen.“ Verwirrt blickte Apollon ihn an: „Wie meinst du das?“ Er lachte: „Ich weiß, dass du zwei Persönlichkeiten hast. Der Teufel kann dich nur finden, wenn du deiner dunklen Seite verfällst. Solange du dich auf deine gute Seite konzentrierst, wird er dich nicht finden können. Die weiße Magie in dir schützt dich. Jedoch ist alle Magie begrenzt. Sie wird dich nicht ewig beschützen können. Sei vorsichtig.“ Diese Information musste Apollon erst einmal überdenken: „Woher weißt du das alles?“ „Fusco hat mir so einiges erzählt“, erklärte er, „Aber ich kriege in der Hölle auch Informationen, an die man sonst sehr schwer herankommt.“ Sein Blick wanderte zu dem Berg, der inmitten eines Waldes lag: „Ich muss zurück zum Schattentor. Du kannst aber gerne bei mir bleiben, wenn du möchtest, Apollon.“ Mit einem knappen Nicken bestätigte Apollon das Angebot: „Danke.“ Während die beiden durch den stummen Wald liefen, überlief Apollon ein kalter Schauer. Er empfand diesen Wald schon immer als unheimlich. Nicht einmal Vögel gab es hier. Die Felder waren Fusco schnell langweilig geworden und so hatte er beschlossen in den Wäldern nach Corvus zu suchen. Dabei achtete er darauf den Kampfgeräuschen aus dem Weg zu gehen. Bei solchen Kämpfen handelte es sich oft um Dämonen, die um die Rangposition ringten. Etwas was Fusco so gar nicht interessierte. Corvus würde solchen Kämpfen sicher auch aus dem Weg gehen. Viel zu hoch war das Risiko entdeckt zu werden. Über einen schmalen Pfad stiegen Dimidius und Apollon den Berg hinauf. Es gab keine Möglichkeit sich einfach zu teleportieren. Der gesamte Berg wurde von einer gigantischen magischen Mauer geschützt, die nur den Zutritt über den Pfad ermöglichte. Dimidius war schon seit Jahrtausenden der Schattentorwächter. Niemand war ihm über stellt und er hatte auch keine Untergebenen. Er war der einsame Wächter. Niemals würde der Teufel einen seiner Diener zu Dimidius schicken. Es gab ein Abkommen zwischen den beiden, dass niemand sich in die Nähe des Berges begab. Warum dieses jedoch so war, wusste Apollon nicht. Die Höhle befand sich nahe der Spitze des Berges, welche man dennoch von dort aus nicht erblicken konnte. Blickte man hinab, konnte man den Wald nicht einmal erahnen. Oben angekommen, rieb sich Apollon die Arme. Es war unglaublich kalt. Dimidius gab Apollon etwas Stroh, auf dem er schlafen konnte. Er selbst schlief ebenfalls auf einem Strohbett. Wie immer setzte sich Dimidius vor das Schattentor. Apollon fragte sich, wie er die Kälte hier oben nur aushielt. Gegen Dimidius Fell hatte Apollon ein recht dickes Polster, trotzdem fror er. So sicher dieses Versteck auch war, nach vier Tagen hatte Apollon genug von der Kälte und verabschiedete sich: „Vielen Dank, Dimidius. Ich muss jetzt wieder meiner eigenen Wege gehen.“ Dimidius lächelte: „Ich wünsche dir viel Glück, Apollon und grüße mir Fusco, wenn du ihn siehst. Er soll sich mal wieder blicken lassen.“ Apollon nickte und lief den schmalen Pfad wieder hinab. Während er hinab lief, musste er darauf achten, wohin er trat. Ein falscher Tritt und das wäre sein letzter. Der Pfad wurde absichtlich so schmal entworfen, um Angriffe von größeren Truppen zu verhindern oder ungebetene Gäste abzuschrecken. Seit Jahrtausenden lebt Dimidius schon hier. Kein Wunder, dass ihn die Kälte nichts mehr ausmacht. Hinter dem Schattentor sollen sich die mächtigsten und grausamsten Kreaturen der Welt befinden, ob das wirklich wahr ist? Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Wer sollte sie dann dort eingesperrt haben? Dimidius bewacht irgendein Tor hinter dem vielleicht nichts weiter ist, als ein Gang tiefer in den Berg hinein. Ich verstehe nicht, warum er so seine Zeit verschwendet. Es muss doch schrecklich einsam hier sein. Apollon hatte noch ein gutes Stück den Berg hinab zu laufen. Der Weg bröckelte stellenweise bereits. Dieser wurde selten benutzt, denn Dimidius verließ seinen Posten so gut wie nie. Er hatte wirklich Glück gehabt ihn außerhalb seines Berges zu treffen. Dabei hatte er ganz vergessen Dimidius zu fragen, was ihn überhaupt nach unten getrieben hatte. Nun war es auch unwichtig. Er müsste sich auf seinen Weg konzentrieren, sonst würde er noch hin abstürzen. Dimidius blickte von oben hinab. Eine ganze Weile hatte er Apollon nachgeblickt und sah ihn schon eine Weile nicht mehr. Es war schön gewesen mal wieder Gesellschaft zu haben. Eigentlich wollte er einen Abstecher ins nächste Dorf machen, um sich etwas abzulenken, doch Apollon hatte für den nötigen Ausgleich gesorgt. Nun könnte er die nächsten Jahre hier wieder guter Dinge verweilen. Nur ab und an brauchte Dimidius mal eine kurze Auszeit. Die Einsamkeit war er gewöhnt, jedoch war diese manchmal nicht mehr zu ertragen. Er wünschte sich, dass sein Vater wieder auftauchen würde. Seit so vielen Jahrtausenden war er bereits verschollen, aber Dimidius wollte nicht glauben, dass dieser tot war. Irgendwo musste sein Vater noch sein. Er würde nicht aufgeben auf ihn zu warten, bis er Gewissheit hätte, dass er wirklich nicht mehr zurückkehren würde. Dimidius Vater war ein Dämon, seine Mutter eine schwarze Magierin. Lange schon war seine Mutter verstorben, erlegen an ihrer Sterblichkeit. Hingegen war sein Vater schon unheimlich alt, als Dimidius geboren wurde. Angeblich gehörte er zur ersten Generation von Dämonen. Damals existierten Satan und Gabriel noch nicht. Dimidius kannte die alte Geschichte. Es war ein wohl behütetes Geheimnis. Die heutigen Dämonen wusste nichts mehr von dem Unglück vor etwa 100.000 Jahren. Dimidius wand seinen Blick von dem Pfad ab und kehrte zurück zu seinem Posten vor dem Tor, denn er war der Schattentorwächter, so wie es sein Vater vor ihm war. „Endlich“, seufzte Apollon erleichtert auf, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Einen Blick warf er noch zurück auf den schmalen Pfad. Und Fusco alberte hier immer herum. Dass er es jedes Mal bis nach oben geschafft hat, wundert mich sehr. Ja… Fusco… ich hoffe es geht ihm gut. Ungefähr wusste Apollon noch, wie er mit Dimidius durch den Wald gekommen war. Aber dort sah alles gleich aus und es war schwer zu sagen, wo sie wirklich lang gegangen waren. Seine Instinkte hatten ihn jedoch noch nie im Stich gelassen, also vertraute er auch dieses Mal darauf und lief los. Bis auf das Rascheln des Laubs unter seinen Füßen und das Knacken von kleinen Zweigen war alles ruhig. Der Wald wirkte wie tot. Die Bäume hatten zwar Blätter, jedoch wirkten diese mehr grau, als grün. Ein unheimlicher Wald. Auch das war Absicht, um ungebetene Besucher abzuschrecken. Bin ich überhaupt auf dem richtigen Weg? Eigentlich ist es egal, wo lang ich gehe. Schließlich weiß ich nicht einmal wohin ich will. Die Stille hatte Apollon noch nie so zu schaffen gemacht. Es war richtig unheimlich. Jetzt wünschte er sich wirklich, dass Fusco bei ihm wäre. Sogar sein seltsamer Humor fehlte ihm. Apollon blickte etwas verwundert, als er vor einem riesigen Loch stand. Es war über wachsen mit Moos, Ranken und Gräsern, aber man konnte deutlich erkennen, dass es tief nach unten gehen musste. Was hier wohl mal passiert war!? Irgendwie machte es den Wald noch gruseliger. Das ist doch lächerlich. Ich bin selbst ein Diener des Teufels gewesen und etwas Schlimmeres als die Höllendämonen gibt es nicht. Fusco hatte sich ratlos auf einer Wiese niedergelassen und blickte in den Himmel hinauf: „Wo bist du nur?“ Aposter hätte ihn sicher gefunden. Er war der Einzige, der vom Teufel die Fähigkeit erhalten hatte Dämonen und Diener in seiner Nähe zu spüren. Natürlich hatte Aposter sich mit diesem Wunsch verdächtig gemacht, aber er erklärte dem Teufel, dass er so Flüchtlinge aufspüren könnte oder auch Verbündete. Es war an und für sich auch nicht schwer den Fürsten davon zu überzeugen, dass eine Fähigkeit sinnvoll war, wenn man es nur irgendwie begründen konnte. Aposter wollte dieses natürlich, um bei einer Flucht seine Verfolger rechtzeitig spüren zu können. Sein Vater Caligare hatte ihm von Anfang an eingeprägt, dass er fliehen müsste. Das wäre seine einzige Chance. Leider kam es nie dazu. Fusco beneidete Aposter gerade um diese Fähigkeit. Damit hätte er Apollon sicherlich schnell gefunden, jedoch half es nichts sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Eine Weile hatte Apollon schon das tiefe Loch hinter sich gelassen und kam nun an die Grenze des stummen Waldes. Dieses war gut daran zu erkennen, dass die Bäume ab diesem Punkt saftige, grüne und gesunde Blätter hatten. Auch sangen hier die Vögel. Apollon entspannte sich. Von hier aus kannte er den Weg in die nächste Stadt.

*

Alle mit Sternchen gekennzeichneten Wörter/Sätze beinhalten mehr Informationen. Fahr mit der Maus darüber, um diese zu erhalten.
Teil 3 - Die Krähe im Wolfspelz
Die Prophezeiung des Lichts Die Prophezeiung des Lichts
Copyright 2009 - 2024 Karasu no shugo tenshi Die Bilder, Fotos und Grafiken auf dieser Website sind urheberrechtlich geschützt. Die Bildrechte liegen bei den folgenden Künstlern und Unternehmen: Angelfeather13 MAGIX Software GmbH Jugendschutzprogramm.de Homepage von Luna42 - Über uns - Kontakt - Comissions - Links us - Impressum & Datenschutz
Die Prophezeiung des Lichts - Teil 3 - Die Krähe im Wolfspelz
Kapitel 10 - Auf der Flucht Apollon hatte sich auf einen kleinen Felsen am Flusslauf gesetzt und lauschte dem Plätschern des Flusses. „Ich bin gleich fertig“, verkündete Venusta, die dabei war die letzten Kleidungsstücke auf die Wäscheleine zu hängen. Lächelnd blickte Apollon zu ihr: „Lass dir ruhig Zeit.“ Als Venusta das letzte Kleidungsstück platziert hatte, ging sie zu Apollon und setzte sich neben ihn auf den Felsen: „Apollon?“ „Ja?“, antwortete er. Sie lehnte ihren Kopf leicht gegen seine Schulter. Verlegen drehte Apollon den Kopf weg, da er sich nicht sicher war, ob er rot anlief. Venusta senkte ihre Stimme zu einem Flüstern: „Ich mag dich wirklich sehr, Apollon.“ Eine kurze Pause folgte, als Apollon darauf hin nichts sagte, setzte sie fort: „Ich glaube, dass es bei dir genauso ist oder?“ Ein unsicheres Nicken folgte von Apollon, ehe er zustimmte: „Ja… ich liebe dich, Venusta.“ Venusta lächelte überglücklich, legte ihre Hand auf Apollons Wange, sodass er sie ansehen musste und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange: „Ich liebe dich auch.“ Erschöpft ließ sich Fusco auf eine Parkbank fallen. Stadt für Stadt hatte er abgesucht, aber nirgends war eine Spur von Corvus. Er blickte hinauf zu den Ästen des Baumes hinter ihm: „Das ist ja zum verrückt werden. Corvus kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben. Der ist ja genauso schwer zu finden, wie der kleine Bruder von Aposter.“ Kaum hatte er es ausgesprochen, musste Fusco darüber laut lachen, sodass ihm fast die Tränen kamen. Zwischen den Ästen des Baumes saß eine Krähe, an die Fusco sich grinsend wand: „Wäre es nicht zu komisch, wenn Corvus seinen Onkel gefunden hätte? Die beiden könnten jetzt gemeinsam an einem Tisch sitzen und Witze über den Teufel reißen.“ Fusco konnte schon immer unheimlich gut über seine eigenen Witze lachen. Schöner wäre es jedoch, wenn Corvus bei ihm wäre. Er hatte schon lange keine Lust mehr auf den Teufel und Corvus war ihm wirklich ans Herz gewachsen. Echinus trat wütend einen kleinen Stein durch die Gegend. Schon seit dem gestrigen Tage hatte er aufgegeben in den Städten und Dörfern zu suchen. Bereits einige Wälder hatte abgesucht, dass ein oder andere Feld und gerade war er auf einer weiten Wiesenlandschaft unterwegs. Als Echinus das Plätschern eines Flusses vernahm, entschloss er sich diesem zu folgen. Obwohl er weit entfernt von Dörfern und Städten unterwegs war, erblickte er ein Haus. Echinus sog die Luft ein und schärfte seine Sinne. Wenn er sich nicht täuschte, nahm er Corvus Geruch war. Schnellen Schrittes lief er auf das Haus zu. Kaum hatte er Corvus erblickte, ging er ins Rennen über. Die weiße Wölfin neben ihm am Wasser interessierte ihn nicht. Corvus wirkte so unbekümmert, dass es Echinus nur noch wütender machte und er knurrte. Er schoss mit schwarzen Magiekugeln auf Corvus, als er nahe genug dran war. Venusta reagierte schnell und schubste sich samt Corvus ins Wasser. Der Fluss war flach, sodass Corvus sich keine Gedanken ums Ertrinken machen musste. Schnell stand er wieder auf und war nun auf Echinus aufmerksam geworden. Verdammt! Wie konnte ich meine Verfolger vergessen? Jetzt ist Venusta wegen mir in Gefahr. Apollon knurrte wütend: „Verdammter Dämon!“ Er schoss mit schwarzen Magiekugeln auf Echinus. Dieser wich aus und ging sofort zum Gegenangriff über, wobei er ebenfalls mit schwarzen Magiekugeln schloss. „Was ist los, Corvus? Dachtest du, du könntest entkommen?“, fragte ihn Echinus spottend. Die beiden wichen gegenseitig ihren Angriffen aus, wobei Apollon sich immer weiter vom Fluss entfernte, um Venusta aus der Ziellinie heraus zu bekommen. Niemals würde er sich verzeihen, wenn ihr etwas passieren würde. Immer wieder wurde Apollon von einer Kugel gestriffen, während Echinus keine Probleme hatte Apollons Angriffen auszuweichen. Venusta war ebenfalls aus dem Wasser gestiegen und beobachtete den Kampf. Es sah nicht gut aus für Apollon. Er würde den Kampf noch verlieren, wenn das so weiterging. Echinus zeigte keinerlei Gnade und beschleunigte seine Angriffe weiter. Venusta zögerte nicht länger und griff Echinus mit weißen Magiekugeln an. Jede Kugel traf ihr Ziel. Dabei rannte sie auf Apollon zu. Echinus wich einige Schritte zurück, wirkte einen Moment irritiert, ließ sich aber nicht von seinem Vorhaben abbringen: „Du wirst sterben, Corvus!“ Apollon war vollkommen durcheinander. Nicht mit einem Wort hatte Venusta erwähnt, dass sie eine weiße Magierin war. Er war einfach stehen geblieben und achtete nicht mehr auf Echinus. Venusta merkte dieses und blendete den Dämon mit einem grellen Licht, welches erst schwach zwischen ihren Händen aufleuchtete und sich dann in Echinus Richtung ausbreitete. Sie packte Apollon am Arm und zog ihn mit. So schnell sie konnte, rannte sie mit ihm weg vom Haus: „Los! Apollon! Wir dürfen keine Zeit verlieren.“ Noch immer nicht ganz bei der Sache, ließ Apollon sich teils mitziehen, teils rannte er mit. Es waren so viele Fragen in seinem Kopf. Warum hat sie nichts gesagt? Hat sie mir nur geholfen, weil sie wusste, wer ich bin? Täuschte sie ihre Liebe nur vor? War das alles nur gespielt, damit ich bei ihr bleibe? Hat mein Onkel damit etwas zu tun? Was soll ich jetzt tun? Wenn ich bleibe, ist sie in Gefahr, egal ob sie mich liebt oder nicht. Ich liebe sie. Venusta blickte immer wieder hektisch hinter sich. Der Dämon war bisher nicht zu sehen. Hoffentlich hatte das grelle Licht sein Sehvermögen für eine Weile ausgesetzt. Hier in der Gegend konnten sie nirgends mit Hilfe rechnen. Einem Dämon zu entkommen, war fast unmöglich. Diese konnte schließlich viel schneller rennen und ein offener Kampf war im Moment keine gute Idee. Apollon schien noch immer nicht verkraftet zu haben, dass sie eine weiße Magierin war. Als sie ein gutes Stück gelaufen waren und der Dämon nirgends zu sehen war, blieb sie stehen: „Apollon, ist alles in Ordnung?“ „Das fragst du noch?“, entgegnete er hart und sehr aufgebracht, „Du hast mir doch nur geholfen, weil du wusstest, wer ich bin.“ „Apollon“, sagte sie sanft, „ja, es stimmt. Ich habe dich erkannt. Gleich am ersten Tag und dir deswegen geholfen, aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich. Ich liebe dich, Apollon.“ „Jetzt erzählst du mir das, wo es zu spät ist und ich soll das einfach glauben?“, fragte er verletzt und sich selbst nicht sicher, was er glauben oder nicht glauben sollte. „Apollon“, begann sie erneut, jedoch wollte er nichts mehr hören. Er machte einige Schritte zurück und schüttelte den Kopf, ehe er in grau-rotem Rauch verschwand. Venusta erschrak, jedoch konnte sie nichts mehr tun. „Apollon!“, schrie sie laut in die Ferne, ohne eine Antwort zu erhalten. Avisa blätterte in dem Buch über die Krähenmagie herum. Viele komplizierte Zauber waren hier verzeichnet und nur die mächtigsten Krähenmagier konnten diese ausführen. Sovos saß mit ihr allein im Wohnzimmer. Sie hatten darum gebeten, dass die beiden Beschützer sie eine halbe Stunde allein ließen. Das taten sie wirklich ungern, da es ihre Pflicht war an Avisas Seite zu bleiben. Jedoch hatte sie ja nicht vor das Haus zu verlassen, so ginge das mal in Ordnung. Sovos sah ihr von seinem Sessel aus zu: „Avisa, ich denke nicht, dass es einen Zauber gibt, um einen anderen Krähenmagier aufzuspüren. Wir müssen ihn so suchen.“ Das wollte Avisa gar nicht hören: „Er wirkt so abweisend in den Träumen. Ich denke er hat Angst. Wir müssen ihn finden.“ Das Avisa ihn in den Träumen erreicht hatte, war ein gutes Zeichen und wies darauf hin, dass Apollon sich vom Teufel befreit hatte. Vielleicht hätte Sovos nur ein wenig länger aushalten müssen. Aber wer konnte das schon sagen!? Sich Vorwürfe zu machen, half niemandem weiter. Aufgeregt lief Venusta hin und her. Was sollte sie jetzt nur tun? Apollon würde sicherlich nicht zurückkommen und wer wusste schon, wohin er verschwunden war!? Sie hatte große Angst um ihn, ihre Augen füllten sich mit Tränen: „Oh Apollon, hätte ich nur früher etwas gesagt.“ Etwas unsicher blickte sie in die Richtung aus der sie gekommen war. Zurück zum Haus musste sie auf jeden Fall, aber was war, wenn der Dämon dort auf sie wartete. Die andere Option war bis zur nächsten Stadt zu laufen. Das wäre ziemlich weit. Sie wischte sich die Tränen weg und seufzte: „Also los.“ Sie hatte sich für den Rückweg zu ihrem Haus entschieden. Auch Fusco hatte es inzwischen aufgegeben in den Städten weiter zu suchen und war auf einem Feldweg unterwegs. Das erste Stück hatte ein Bauer ihn mit seinem Traktor mitgenommen, jedoch war er nun wieder allein. Die Stille machte ihn nachdenklich. Es schien völlig aussichtslos Corvus zu finden. Irgendwo musste er doch untergekommen sein, schließlich hatte er kein Geld. Seine absolut verrückte Idee, dass Corvus seinen Onkel gefunden hatte, verwarf Fusco auch nicht ganz. Bei dem Gedanken daran musste er wieder breit Grinsen. Das wäre wirklich unglaublich. Er dachte zurück an die Zeit mit Caligare, Corvus‘ Großvater. Sie waren wirklich gute Freunde. Caligare hatte zwei Söhne. Aposter und den 12 Jahre jüngeren Amelus. Es war eigentlich erstaunlich, dass dem Teufel nicht aufgefallen war, dass Caligare seinen älteren Sohn „Verräter“ getauft hatte. Da musste man doch misstrauisch werden, aber Satan schien das nie zu interessieren. Amelus hingegen war nach einer Sternblume benannt, wegen seiner leuchtenden Augen. Ein schöner Gedanke. Wie Amelus wohl inzwischen aussah!? Caligare hatte nie gewollt, dass seine Kinder ewig dem Teufel dienten. Darum entschloss er sich Amelus fort zu bringen. Caligare wurde auf der Flucht getötet, jedoch wurde Amelus nie gefunden. Aposter war von diesem Tage an allein und Fusco übernahm die Rolle des Freundes und Vaters. Es verging kein Tag an dem Aposter nicht nach seinem Bruder suchte, aber niemand hörte jemals etwas von ihm. Warum Caligare seinen älteren Sohn einfach zurückgelassen hatte, war Fusco bis heute schleierhaft. Er blickte hoch zum Himmel: „Caligare? Warum hast du das getan?“ Eine Antwort würde er wohl nie bekommen. Nur eines stand fest, dass Caligare damals total durcheinander war. Alles begann bereits mit Amelus‘ Geburt. Aposter wurde gänzlich vernachlässigt und kümmerte sich alleine um seinen jüngeren Bruder. Caligare war so gut wie nie anzutreffen. Fusco hatte schon lange nicht mehr daran zurückgedacht. Irgendwie bedrückte ihn das und er hatte wirklich keine Zeit jetzt der Vergangenheit nachzutrauern. Er musste Corvus finden. Venusta blickte sich vorsichtig um, ehe sie zur Tür ihres Hauses ging. Selbst als sie die Tür öffnete und die ersten Schritte hinein tat, blickte sie sich noch nervös um. Sollte der Dämon hier irgendwo sein, hätte sie keine Chance, wenn er sie zuerst erblickte. Angestrengt lauschte sie. Alles schien in Ordnung zu sein. Sie entspannte sich etwas. Schnellen Schrittes lief sie zum Telefon und wählte eine Nummer. Es klingelte, einmal, zweimal, klack… es wurde abgehoben. „Hallo, hier ist Venusta, Außenposten Nr. 58. Ist es möglich mit jemanden aus der Adelsfamilie zu sprechen? Es ist wirklich dringend. Prinz Apollon war hier“, erklärte Venusta mit ruhiger Stimme. In ihr drin tobten ihre Gefühle. Sie lauschte der Antwort am Telefon: „Ok, ich warte.“ Der Hörer auf der anderen Seite wurde weggelegt. Schweigen folgte. Jede Sekunde kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Endlich wurde der Hörer aufgenommen und eine Stimme meldete sich: „Sovos hier. Venusta, richtig?“ Venusta war erleichtert: „Ja, richtig. Ich bin so froh mit euch persönlich sprechen zu können. Prinz Apollon war hier, einige Tage. Ich weiß, ich hätte vorher schon Bescheid geben müssen, aber ich war besorgt, dass er dann einfach verschwinden würde. Ich konnte die Situation nicht richtig einschätzen. Es tut mir Leid.“ „Beruhige dich erst einmal“, meinte Sovos mit sanfter Stimme, „beginne ganz von vorne. Was ist passiert?“ Apollon lief bereits einige Zeit ziellos umher. Als er verschwand, hatte er kein spezielles Ziel gehabt und auch nicht weiter darauf geachtet, wo er denn nun eigentlich gelandet war. Die ganze Zeit über ging ihm Venusta nicht aus dem Kopf. Immer wieder musste er an sie denken, aber wäre er bei ihr geblieben, hätte er sie weiterhin in Gefahr gebracht. Es war besser so. Er war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht merkte, wie jemand näher kam. Von hinten legte er eine Hand auf Apollons Schulter: „Hey! Du bist doch Fuscos Schützling!“ Schlagartig drehte sich Apollon um und blickte überrascht den Schakal vor ihm an: „Dimidius.“ „Also habe ich mich nicht geirrt“, stellte Dimidius lächelnd fest, „Aber Fusco ist nicht irgendwo in der Nähe oder?“ Apollon schüttelte den Kopf. Dimidius war ein Halbdämon, trotzdem wirkte er sehr freundlich. Zur Abschreckung trug er eine Pistole bei sich, die ihn nur geringfügig bedrohlicher erscheinen ließ. Doch das täuschte, dass wusste Apollon. Wenn Dimidius erst einmal seine dämonischen Kräfte nutzte, war er nicht zu unterschätzen. Dämonische Magie, schwarze Magie und die Stärke eines Dämons waren Dimidius gegeben. Diese nutzte er jedoch nur im Notfall. Bei den Gewöhnlichen reichte es in der Regel diese mit der Pistole zu bedrohen oder einen Schuss in die Luft abzugeben. Hingegen würde einen Dämon das weniger abschrecken. „Corvus war der Name?“, hackte Dimidius noch einmal nach. Die beiden kannten sich nur flüchtig. „Apollon“, verbesserte er ihn. „Seit wann das?“ fragte Dimidius verwundert, „Arbeitest du nicht mehr für den Teufel? Warst du das Henkerdasein Leid?“ „So ungefähr“, erklärte Apollon, „Ich bin auf der Flucht.“ Bei den letzten Worten blickte Apollon ihn direkt an. Das ist seltsam. Ich hatte fest damit gerechnet, dass wieder irgendwas passieren würde. Es scheint jedoch alles in Ordnung zu sein. Keine Schmerzen, keine Stimme. Dimidius bestätigte es mit einem Nicken: „Verstehe. Nun… da du Fuscos Schützling bist, werde ich dir mit meinem Rat zur Seite stehen.“ Verwirrt blickte Apollon ihn an: „Wie meinst du das?“ Er lachte: „Ich weiß, dass du zwei Persönlichkeiten hast. Der Teufel kann dich nur finden, wenn du deiner dunklen Seite verfällst. Solange du dich auf deine gute Seite konzentrierst, wird er dich nicht finden können. Die weiße Magie in dir schützt dich. Jedoch ist alle Magie begrenzt. Sie wird dich nicht ewig beschützen können. Sei vorsichtig.“ Diese Information musste Apollon erst einmal überdenken: „Woher weißt du das alles?“ „Fusco hat mir so einiges erzählt“, erklärte er, „Aber ich kriege in der Hölle auch Informationen, an die man sonst sehr schwer herankommt.“ Sein Blick wanderte zu dem Berg, der inmitten eines Waldes lag: „Ich muss zurück zum Schattentor. Du kannst aber gerne bei mir bleiben, wenn du möchtest, Apollon.“ Mit einem knappen Nicken bestätigte Apollon das Angebot: „Danke.“ Während die beiden durch den stummen Wald liefen, überlief Apollon ein kalter Schauer. Er empfand diesen Wald schon immer als unheimlich. Nicht einmal Vögel gab es hier. Die Felder waren Fusco schnell langweilig geworden und so hatte er beschlossen in den Wäldern nach Corvus zu suchen. Dabei achtete er darauf den Kampfgeräuschen aus dem Weg zu gehen. Bei solchen Kämpfen handelte es sich oft um Dämonen, die um die Rangposition ringten. Etwas was Fusco so gar nicht interessierte. Corvus würde solchen Kämpfen sicher auch aus dem Weg gehen. Viel zu hoch war das Risiko entdeckt zu werden. Über einen schmalen Pfad stiegen Dimidius und Apollon den Berg hinauf. Es gab keine Möglichkeit sich einfach zu teleportieren. Der gesamte Berg wurde von einer gigantischen magischen Mauer geschützt, die nur den Zutritt über den Pfad ermöglichte. Dimidius war schon seit Jahrtausenden der Schattentorwächter. Niemand war ihm über stellt und er hatte auch keine Untergebenen. Er war der einsame Wächter. Niemals würde der Teufel einen seiner Diener zu Dimidius schicken. Es gab ein Abkommen zwischen den beiden, dass niemand sich in die Nähe des Berges begab. Warum dieses jedoch so war, wusste Apollon nicht. Die Höhle befand sich nahe der Spitze des Berges, welche man dennoch von dort aus nicht erblicken konnte. Blickte man hinab, konnte man den Wald nicht einmal erahnen. Oben angekommen, rieb sich Apollon die Arme. Es war unglaublich kalt. Dimidius gab Apollon etwas Stroh, auf dem er schlafen konnte. Er selbst schlief ebenfalls auf einem Strohbett. Wie immer setzte sich Dimidius vor das Schattentor. Apollon fragte sich, wie er die Kälte hier oben nur aushielt. Gegen Dimidius Fell hatte Apollon ein recht dickes Polster, trotzdem fror er. So sicher dieses Versteck auch war, nach vier Tagen hatte Apollon genug von der Kälte und verabschiedete sich: „Vielen Dank, Dimidius. Ich muss jetzt wieder meiner eigenen Wege gehen.“ Dimidius lächelte: „Ich wünsche dir viel Glück, Apollon und grüße mir Fusco, wenn du ihn siehst. Er soll sich mal wieder blicken lassen.“ Apollon nickte und lief den schmalen Pfad wieder hinab. Während er hinab lief, musste er darauf achten, wohin er trat. Ein falscher Tritt und das wäre sein letzter. Der Pfad wurde absichtlich so schmal entworfen, um Angriffe von größeren Truppen zu verhindern oder ungebetene Gäste abzuschrecken. Seit Jahrtausenden lebt Dimidius schon hier. Kein Wunder, dass ihn die Kälte nichts mehr ausmacht. Hinter dem Schattentor sollen sich die mächtigsten und grausamsten Kreaturen der Welt befinden, ob das wirklich wahr ist? Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Wer sollte sie dann dort eingesperrt haben? Dimidius bewacht irgendein Tor hinter dem vielleicht nichts weiter ist, als ein Gang tiefer in den Berg hinein. Ich verstehe nicht, warum er so seine Zeit verschwendet. Es muss doch schrecklich einsam hier sein. Apollon hatte noch ein gutes Stück den Berg hinab zu laufen. Der Weg bröckelte stellenweise bereits. Dieser wurde selten benutzt, denn Dimidius verließ seinen Posten so gut wie nie. Er hatte wirklich Glück gehabt ihn außerhalb seines Berges zu treffen. Dabei hatte er ganz vergessen Dimidius zu fragen, was ihn überhaupt nach unten getrieben hatte. Nun war es auch unwichtig. Er müsste sich auf seinen Weg konzentrieren, sonst würde er noch hinab stürzen. Dimidius blickte von oben hinab. Eine ganze Weile hatte er Apollon nachgeblickt und sah ihn schon eine Weile nicht mehr. Es war schön gewesen mal wieder Gesellschaft zu haben. Eigentlich wollte er einen Abstecher ins nächste Dorf machen, um sich etwas abzulenken, doch Apollon hatte für den nötigen Ausgleich gesorgt. Nun könnte er die nächsten Jahre hier wieder guter Dinge verweilen. Nur ab und an brauchte Dimidius mal eine kurze Auszeit. Die Einsamkeit war er gewöhnt, jedoch war diese manchmal nicht mehr zu ertragen. Er wünschte sich, dass sein Vater wieder auftauchen würde. Seit so vielen Jahrtausenden war er bereits verschollen, aber Dimidius wollte nicht glauben, dass dieser tot war. Irgendwo musste sein Vater noch sein. Er würde nicht aufgeben auf ihn zu warten, bis er Gewissheit hätte, dass er wirklich nicht mehr zurückkehren würde. Dimidius Vater war ein Dämon, seine Mutter eine schwarze Magierin. Lange schon war seine Mutter verstorben, erlegen an ihrer Sterblichkeit. Hingegen war sein Vater schon unheimlich alt, als Dimidius geboren wurde. Angeblich gehörte er zur ersten Generation von Dämonen. Damals existierten Satan und Gabriel noch nicht. Dimidius kannte die alte Geschichte. Es war ein wohl behütetes Geheimnis. Die heutigen Dämonen wusste nichts mehr von dem Unglück vor etwa 100.000 Jahren. Dimidius wand seinen Blick von dem Pfad ab und kehrte zurück zu seinem Posten vor dem Tor, denn er war der Schattentorwächter, so wie es sein Vater vor ihm war. „Endlich“, seufzte Apollon erleichtert auf, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Einen Blick warf er noch zurück auf den schmalen Pfad. Und Fusco alberte hier immer herum. Dass er es jedes Mal bis nach oben geschafft hat, wundert mich sehr. Ja… Fusco… ich hoffe es geht ihm gut. Ungefähr wusste Apollon noch, wie er mit Dimidius durch den Wald gekommen war. Aber dort sah alles gleich aus und es war schwer zu sagen, wo sie wirklich lang gegangen waren. Seine Instinkte hatten ihn jedoch noch nie im Stich gelassen, also vertraute er auch dieses Mal darauf und lief los. Bis auf das Rascheln des Laubs unter seinen Füßen und das Knacken von kleinen Zweigen war alles ruhig. Der Wald wirkte wie tot. Die Bäume hatten zwar Blätter, jedoch wirkten diese mehr grau, als grün. Ein unheimlicher Wald. Auch das war Absicht, um ungebetene Besucher abzuschrecken. Bin ich überhaupt auf dem richtigen Weg? Eigentlich ist es egal, wo lang ich gehe. Schließlich weiß ich nicht einmal wohin ich will. Die Stille hatte Apollon noch nie so zu schaffen gemacht. Es war richtig unheimlich. Jetzt wünschte er sich wirklich, dass Fusco bei ihm wäre. Sogar sein seltsamer Humor fehlte ihm. Apollon blickte etwas verwundert, als er vor einem riesigen Loch stand. Es war über wachsen mit Moos, Ranken und Gräsern, aber man konnte deutlich erkennen, dass es tief nach unten gehen musste. Was hier wohl mal passiert war!? Irgendwie machte es den Wald noch gruseliger. Das ist doch lächerlich. Ich bin selbst ein Diener des Teufels gewesen und etwas Schlimmeres als die Höllendämonen gibt es nicht. Fusco hatte sich ratlos auf einer Wiese niedergelassen und blickte in den Himmel hinauf: „Wo bist du nur?“ Aposter hätte ihn sicher gefunden. Er war der Einzige, der vom Teufel die Fähigkeit erhalten hatte Dämonen und Diener in seiner Nähe zu spüren. Natürlich hatte Aposter sich mit diesem Wunsch verdächtig gemacht, aber er erklärte dem Teufel, dass er so Flüchtlinge aufspüren könnte oder auch Verbündete. Es war an und für sich auch nicht schwer den Fürsten davon zu überzeugen, dass eine Fähigkeit sinnvoll war, wenn man es nur irgendwie begründen konnte. Aposter wollte dieses natürlich, um bei einer Flucht seine Verfolger rechtzeitig spüren zu können. Sein Vater Caligare hatte ihm von Anfang an eingeprägt, dass er fliehen müsste. Das wäre seine einzige Chance. Leider kam es nie dazu. Fusco beneidete Aposter gerade um diese Fähigkeit. Damit hätte er Apollon sicherlich schnell gefunden, jedoch half es nichts sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen. Eine Weile hatte Apollon schon das tiefe Loch hinter sich gelassen und kam nun an die Grenze des stummen Waldes. Dieses war gut daran zu erkennen, dass die Bäume ab diesem Punkt saftige, grüne und gesunde Blätter hatten. Auch sangen hier die Vögel. Apollon entspannte sich. Von hier aus kannte er den Weg in die nächste Stadt.
Copyright 2009 - 2022 Karasu no shugo tenshi Die Bilder, Fotos und Grafiken auf dieser Website sind urheberrechtlich geschützt. Die Bildrechte liegen bei den folgenden Künstlern und Unternehmen: Angelfeather13 MAGIX Software GmbH Jugendschutzprogramm.de