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Teil 3 - Die Krähe im Wolfspelz
Kapitel 1 - Als Diener geboren Nur kurz verweilte der Blick des schwarzen Fuchses auf seinem alten Freund und Kampfgefährten, der dort in seiner eigenen Blutlache am Boden lag. Wie so oft hatte er vor dem Eingang des Thronsaales gelauscht und versucht unbemerkt einen Blick hinein zu werfen. Allerdings wäre ihm dieser Anblick lieber erspart geblieben. Keine Minute nachdem der Fürst der Finsternis seinen Freund Aposter* die Kehle aufgeschlitzt hatte, verlangte er auch schon nach ihm. Ergeben kniete sich Fusco* mit gesenktem Blick nieder: „Mein Fürst, ihr habt nach mir gerufen.“ Ein Satz, den er schon so oft gesagt hatte und von Tag zu Tag hatte er einen noch bitteren Geschmack. Vor ihm lag die absolute Finsternis, welche nur die zweite Hälfte des Thronsaales so stark einhüllte, dass niemand vermocht hätte hindurch zu sehen. In der Hölle war es überall dunkel, dennoch konnte man ausreichend sehen, um hier zu leben. Ausschließlich die eine Hälfte des Thronsaales bildete die Ausnahme, denn hier verbarg sich der Fürst der Finsternis oder besser bekannt als der Teufel. Eine schwarze Fledermaus mit gänzlich roten Augen trat aus der tiefen Finsternis hervor, in seinen Klauen ein kleines graues Wolfsbaby: „Kümmere dich darum und bilde ihn aus. Sein Name ist ab dem heutigen Tage Corvus* .“ Fusco erhob sich und nahm dem Teufel das kleine Wolfsbaby ab: „Wie ihr wünscht, mein Fürst.“ Das kleine Baby rieb sich die Augen und gähnte verschlafen. „Geh!“ befahl Satan* und zog sich zurück in den dunkleren Teil des Thronsaales. Währenddessen verließ Fusco diesen, durchquerte die Halle, welche direkt vor dem Thronsaal lag und ging in einen der Gänge, die davon wegführten. „Alles ist gut, mein Kleiner“, beruhigte Fusco das Baby und grinste dann breit, „ich bin der beste Papa, den man sich wünschen kann.“ Besonders auffallend waren bei Corvus die verschieden farbigen Augen in blau und gelb, sowie sein weißes Krähensymbol über dem linken Auge. An irgendwas erinnerte Fusco dieses Symbol, aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Sicherlich würde es ihm wieder einfallen, wenn es an der Zeit war. Jetzt war erst einmal nur wichtig den Kleinen groß zu ziehen und auf ihn aufzupassen. Das war das Mindeste, was er seinem Freund Aposter schuldig war. Satan würde nicht auch noch dieses Leben bekommen. „Guten Morgen!“, rief Fusco gut gelaunt wie immer, als er in das Zimmer von Corvus kam. Es waren nun mehr als 4 Jahre vergangen und Corvus war alles andere als kooperativ. Nachts musste Fusco ihn sogar einschließen, um sicher zu gehen, dass er am nächsten Morgen auch noch in seinem Zimmer war. Dennoch erschien der Raum leer, als Fusco hereinkam. Seinen Blick schweifend nahm Fusco zuerst den morschen, alten Schreibtisch ins Visier, doch darunter befand sich Corvus nicht. Dann bewegte er sich auf das ebenfalls alte, morsche Holzbett mit der harten Matratze, der dünnen Decke und dem federarmen Kissen zu: „Ich weiß das du hier bist, Corvus. Genug Versteck gespielt.“ Dabei klang Fusco weder streng, noch verärgert, sondern eher amüsiert. „Geh weg“, antwortete die kindliche Stimme unter dem Bett, „Ich werde nicht her vorkommen.“ „Oh“, gab sich Fusco künstlich geschlagen, „Dann kann ich dir wohl doch nicht zeigen, wo die Dämonen Wasser und Brot verteilen und du wirst auf dein Frühstück verzichten müssen. Außerdem ist ein ganzer Tag ohne Wasser wohl recht schwierig bei dieser Wärme, dem Staub und der Asche.“ „Du bist gemein“, protestierte Corvus unter dem Bett, „Wirklich sehr gemein.“ Noch etwas zögerlich robbte Corvus unter dem Bett hervor. Sein Fell war nur so mit Staub und Asche bedeckt. Noch immer trotzig blieb er auf dem Boden sitzen und schmollte. Grinsend reichte Fusco ihm die Hand: „Na komm. Das ist doch spannend. Vielleicht erleben wir einen Kampf zwischen Dämon und Diener. Wäre das nicht was?“ Corvus blickte weg und verschränkte die Arme. Nach dem Frühstück muss ich wieder kämpfen üben. Ich will nicht. Warum lässt er mich nicht einfach in Ruhe? Da Corvus keine Anstalten machte sich in Bewegung zu setzen, packte Fusco ihn grinsend und hob ihn hoch. „Nein!“, kreischte Corvus, „Ich will nicht.“ Lachend trug Fusco ihn aus dem Zimmer: „Es geht aber nicht danach, was du willst.“ Durch die Gänge lief er Richtung Eingangshalle, durchquerte diese und ging hinaus aus dem Schloss. Dort ging er mit Corvus über die steinerne Rundbrücke, welche als Einzige über den Lavafluss führte. Zwischen den Dämonen vor dem Schloss entlang. Die meisten Dämonen beachteten die beiden gar nicht. Dennoch gab es Vereinzelte, die ihnen einen Blick zu warfen, welcher Missbilligung und Geringschätzung ausdrückte. Fusco gehörte zur untersten Schicht im Rangsystem der Dämonengesellschaft und war von seinem Vater verstoßen worden. Aber das alleine reichte für die Reaktion der Dämonen nicht aus. Hauptgrund hierfür war Fuscos absolut untypisches dämonisches Verhalten, welches ihn zu einem Außenseiter ganz besonderer Art machte. Grinsend nickte Fusco einigen Dämonen zu und setzte seinen Weg fort. Corvus klammerte sich etwas angespannt an Fusco, denn die Dämonen waren ihm unheimlich. Sie waren so ganz anders als Fusco und er wusste nicht, wie er mit ihnen umgehen sollte. Ihr Weg führte sie noch ein Stück weiter zu einem unterirdischen Lagerraum, welchen sie jedoch nicht betreten würden. Vor dem Eingang standen bereits einige vorbereitete Körbe mit Wasser und Brot. Fusco wusste, dass es dabei Unterschiede gab und diese galt es nun Corvus beizubringen. Bevor man überhaupt zu den Körben kam, musste man an einigen Dämonen vorbei. „Sieh hin“, forderte Fusco ihn nun auf und setzte ihn auf dem Boden zu seinen Füßen ab, „Die ersten Dämonen hier vorne warten auf Herausforderungen. Wie du weißt bekommt man nur das frischere Brot, wenn man einen von ihnen besiegt. Ansonsten muss man sich mit dem alten Brot zufrieden geben. Der dort hinten passt auf, dass sich auch kein Diener einfach an dem anderen Brot bedient oder gar hinunter zum Lager geht.“ Unsicher blickte Corvus zu den Dämonen. Mit ihren ganzen Narben oder sogar recht frischen Verletzungen wirkten sie nur noch bedrohlicher. „Ich kann aber nicht kämpfen“, bemerkte Corvus klein laut, „Und die sehen stark aus.“ Mit einem Lächeln strich Fusco ihm über den Kopf: „Noch bist du zu klein.“ Dann ergriff er die kleine Hand von Corvus und lief mit ihm zwischen den Dämonen entlang zu den Körben. Einen davon nahm Fusco sich, um dann gleich wieder mit Corvus zurück zu gehen. Den Blick am Boden haftend, ließ sich Corvus von Fusco hindurch und auch wieder zurückführen. Nur am Rande bekam er mit, wie ein anderer Diener des Teufels hinzukam sowie einen der Dämonen herausforderte: „Hey, du! Mit dir nehme ich es locker auf!“ Und so ein Diener soll ich auch einmal werden? Kämpfen und töten? Corvus Blick ging hoch zu Fusco: „Gehen wir jetzt zurück ins Schloss?“ „Ja und dann frühstückst du erst einmal richtig. Schließlich brauchst du Kraft für das Training“, bestätigte Fusco gut gelaunt, „Das Brot sieht richtig gut aus heute. Damit bekommst du besonders viel Energie.“ „Hm“, machte Corvus und wünschte er wäre nicht als Diener geboren worden. Die beiden trainierten immer weit entfernt vom Schloss. Zwar konnte man dieses noch in der Ferne erkennen, aber sonst war niemand hier. Der steinige Felsboden und die leicht hügelige Umgebung boten ihnen ein ideales Trainingsfeld. „Zuerst wird gerannt“, beschloss Fusco munter, „Dreh ein paar Runden bis ich stopp sage.“ „Nein“, entgegnete Corvus, „Ich will nicht.“ Fusco lachte daraufhin: „In Ordnung. Dann lass uns fangen spielen. Ich bin auch zuerst Fänger.“ „Fangen? Ok, spielen wir fangen“, bestätigte er, „das macht Spaß.“ „Ich zähle bis 10. 1, 2, 3…“, begann Fusco und wusste, dass es genau den gleichen Effekt hatte, als würde Corvus einfach ein paar Runden rennen. Hastig rannte Corvus los, so schnell er konnte. Weit kam er nicht, obwohl Fusco sich beim Zählen schon Zeit gelassen hatte. Mit einem schnellen Sprint hatte Fusco ihn eingeholt und musste dabei nicht einmal seine angeborene dämonische Geschwindigkeit einsetzen. Corvus war schließlich auch noch ein Kind und im Gegensatz zu Dämonenkindern in der körperlichen Entwicklung noch nicht so weit. Außer Atem begann nun Corvus zu zählen, während Fusco sich langsamen Schrittes von ihm entfernte. „…10“, betonte er besonders laut und rannte dann los. Jedoch machte Fusco es ihm nicht so einfach und sprintete ein Stück nach vorne, um dann wieder langsamer zu werden. Kaum das Corvus ihm wieder näher kam, wieder holte er das. Entschlossen Fusco zu kriegen, rannte Corvus dennoch weiter. Irgendwann passt er nicht auf und dann habe ich ihn. Nach einiger Zeit ließ Corvus sich erschöpft und hastig atmend auf die Knie fallen: „Ich gebe auf. Du hast gewonnen.“ Lachend lief Fusco zu ihm hin: „Du hast dich gut geschlagen. Kurze Pause.“ Fusco setzte sich auf einen der Felsen in der Nähe. Erst beobachtete er Corvus eine ganze Weile, wie der dort auf dem Boden hockte und langsam sich der rasende Herzschlag beruhigte. Dann aber vertiefte er sich in seine eigenen Gedanken. Corvus entging nicht, dass Fusco scheinbar in Gedanken vertieft war und nutzte die Gelegenheit. Möglichst leise stand er auf und schlich sich davon. Erst ganz langsam, wobei er immer wieder zu Fusco blickte, ehe er schneller wurde und sich immer weiter vom Schloss sowie von Fusco entfernte. Es sieht alles ziemlich gleich aus. Nichts als Gestein, Felsen und Staub. Ich hatte irgendwas Spannendes erwartet. Sein Blick ging zu einer Gesteinsgruppe aus verschiedenen großen Felsen und Steinplatten, die wie aufeinander geschoben wirkten. Wenn er sich nicht täuschte, gab es dort einen Spalt durch den man ins Innere kam. Kurz zögerte er, blickte zurück in die Richtung aus der er gekommen war und ging dann auf die vermutliche Öffnung zu. Es war zu dunkel, um erkennen zu können, ob es sich um eine Höhle handelte. Also tastete er am Rand der Öffnung mit den Händen herum, ehe er einen Schritt hinein wagte. Sein Fuß trat im ersten Augenblick ins Leere, ließ ihn stolpern und eine Schräge hinab purzeln: „Hilfe!“ Die einzelnen Steine verschiedener Größen bohrten sich bei jedem Aufprall in sein Fell. Unten angekommen richtete er sich schmerzend auf: „Au! Das tat weh.“ Zurückblickend überlegte er, ob er alleine wieder hinauf klettern könnte. „Apollon*?“ , ließ ihn eine Stimme aufschrecken und wieder auf das vor ihn blicken. Sind das… Geister!? Vor ihm schien sich endlos in die Weite eine große Anzahl von verstorbenen Seelen aufzuhalten. Ein wenig erinnerte es ihn an eine von Fuscos Erzählungen die Seelenebenen der Hölle -. Wenn Fuscos Geschichte wahr wäre, so sollte es eine Seelenebene für die dunklen Seelen der Verstorbenen geben und eine Ebene der verlorenen Seelen. Dort landeten alle untreuen Diener des Teufels, die von Satan selbst getötet worden waren. Nur welche der beiden Seelenebenen wäre das dann? „Apollon, du bist es wirklich“, vernahm Corvus erneut die Stimme und ging nun einige Schritte näher an die Seelen heran. Ein schwarzer Wolf, leicht durchsichtig und mit gelben Augen blickte ihn an. „Meinst du mich?“, hinterfragte Corvus nun. „Mein Sohn Apollon, ich bin dein Vater“, erklärte der geisterhafte Wolf, „Du solltest nicht hier sein. Du musst fliehen. Hör mir jetzt genau zu.“ Aus irgendeinem Grund fühlte Corvus in sich eine aufkommende Wut gegen den Wolf: „Du bist mein Vater?“ „Vertrau mir. Du musst fort von der Hölle. Es gibt einen Weg hinaus, wenn du noch weiter in die Hölle hinein läufst. Er ist unterirdisch und durch einen langen Gang gelangst du zu einem Portal. Sobald du draußen bist, suche einen weißen Magier und sag ihm wer du bist. Er wird dich zu deiner Mutter bringen, sie ist eine sehr starke weiße Magierin. Sie beschützen dich vor Satan“, erklärte der Wolf ihm weiter. Corvus knurrte wütend: „Warum bist du dann nicht selbst geflohen? Warum bin ich dann hier?“ Aufgebracht drehte er sich weg und machte sich so schnell es ihm möglich war wieder nach oben. „Du musst fliehen“, rief ihm der Wolf hinterher, aber Corvus drehte sich nicht noch einmal um. Diese Wut trieb ihn an zurück nach oben zu kommen und zurück zum Schloss zu laufen. Dennoch rannen ihm auch Tränen über die Wangen. Gerade als Corvus die Brücke über den Lavafluss überquerte, vernahm er Fuscos Stimme: „Corvus! Da bist du.“ Er lachte: „Da kriegt jetzt jemand aber Ärger.“ „Lass mich in Ruhe“, knurrte Corvus ihn genervt an, „Idiotischer Dämon.“ Fusco war etwas verwundert über seine so harsche Reaktion und noch viel mehr über das dunkelgraue Krähensymbol. Sicherlich war er schon oft nicht erfreut über die Situation gewesen, aber so hatte er noch nie reagiert. Außerdem war das Krähensymbol schon einige Male grau vor Schmutz, dennoch nie in solchem Maße. Es wirkte auch nicht wie Dreck. „Was ist los, mein Kleiner?“, hinterfragte Fusco dennoch gut gelaunt, „Hat dich auf deinem Abenteuerausflug jemand geärgert?“ „Verzieh dich!“, knurrte Corvus ihn erneut an und ging dann einfach weiter Richtung Schloss und hinein in die Halle. Auch Fusco setzte sich in Bewegung, um ihn ohne große Anstrengung einzuholen: „Na-na, das ist aber sehr unfreundlich. Das Training hast du auch wieder geschwänzt. Da werden wir morgen das doppelte leisten müssen.“ Zielgerichtet lief Corvus zu seinem Zimmer und ignorierte Fusco nun einfach. Idiot! Ich will meine Ruhe haben und ob ich morgen nun trainiere oder nicht, werden wir noch sehen. Was ist mit dem Wolf? Sollte ich Fusco davon erzählen? Nein, das ist mein Geheimnis. Am Abend saß Fusco wie jeden Tag an Corvus Bett und wartete darauf, dass dieser einschlafen würde. Corvus lag mit offenen Augen auf der Seite und starrte die Wand an. Ein leises Seufzen war von ihm zu hören: „Fusco?“ „Ja?“, hinterfragte Fusco grinsend, „Willst du noch eine Geschichte hören?“ Das kurze Schweigen nahm Fusco schon als ein ‚Nein‘, jedoch antwortete Corvus dann doch noch: „Hm, erzähl mir etwas über meine Eltern. Du kanntest sie doch?“ Irgendwann musste diese Frage von ihm kommen, dass hatte Fusco erwartet. Nur nicht, dass sie schon so bald kommen würde: „Ich kannte deinen Vater. Er war ein sehr guter Freund von mir. Über deine Mutter weiß ich nicht viel, nur dass sie eine starke weiße Magierin gewesen sein soll. Also lass mich dir eine Geschichte über deinen Vater erzählen. Aposter war ein recht angesehener Diener beim Teufel. Seine Aufgabe bestand vor allem darin weiße Magier aufzuspüren und zu töten, aber er hatte auch noch eine Nebenaufgabe. Immer wenn ein Diener den Pakt nicht ein hielt und für den Teufel aber unentbehrlich schien, schickte er Aposter los. Den Diener brachte er entweder zurück zu Satan oder aber brachte ihn unter dessen Kontrolle. Daher war Aposter unter den Dienern auch verrufen. Sein Freundeskreis beschränkte sich auf mich. Seine Aufträge erfüllte er immer ausgezeichnet bis zu dem Tag an dem er deine Mutter kennen lernte. Es ist verboten eine Verbindung mit dem Feind zu haben, vor allem eine solche. Satan fand seinen Verrat raus, ließ dich holen und tötete Aposter indem er ihm erst in den Thronsaal rief, dich ihm präsentierte und ihm dann die Kehle aufschlitzte. Das solltest du niemals vergessen, Corvus. Niemand entkommt dem Teufel.“ „Niemand“, wiederholte Corvus, „Ja… aber woher wusste der Teufel, wie ich heiße?“ „Wusste er nicht“, bestätigte Fusco grinsend, „Er nannte dich einfach Corvus. Von deinem Vater weiß ich, dass er dich Apollon genannt hat. Es war unser Geheimnis. Leider hat er mir nicht viel erzählt. Er wollte wohl seine Familie nicht in Gefahr bringen. Jetzt schlaf‘ aber, Corvus. Deinen richtigen Namen musst du für dich behalten. Das ist jetzt unser Geheimnis.“ „Ok. Gute Nacht, Fusco“, sprach Corvus leise, ehe er die Augen schloss, um sich der Müdigkeit zu ergeben. „Versuchen wir es heute noch einmal mit der schwarzen Magie, Corvus“, meinte Fusco grinsend. Sie waren mal wieder an ihrem alten Stammplatz und somit weit genug entfernt, damit niemand sie bemerkten könnte. Wenn Satan davon erfahren würde, wäre Corvus‘ Leben zu Ende. Relativ wenig Sorgen machte sich Fusco um sich selbst. Immer wieder ließ Fusco ihn diese Übung wiederholen und jedes Mal erhielten sie weiße Magie. Strengstens verboten und ein Todesurteil. Da Corvus‘ Vater ebenfalls schwarzer Magier gewesen war, musste einfach irgendwo in Corvus diese Kraft schlummern. Bedauerlicher Weise hatte diese sich bisher nicht gezeigt. „Ich weiß wie das geht“, murrte Corvus ihn an, „Also fang‘ nicht an mir das zu erklären.“ Auch diesen Morgen war Corvus sehr schlecht gelaunt. Wenn Fusco nur wüsste, was vorgefallen war, dass er solche Laune hatte. Geschehnisse prägten kleine Kinder noch auf besondere Weise, das wusste Fusco, aber was konnte ihn so verändert haben!? Fusco setzte sich auf einen Felsen und wartete grinsend ab: „Wenn du das weißt, dann zeig was du kannst.“ Hass, Wut, der Wille zu töten, dass macht einen schwarzen Magier aus. Corvus streckte die Hand auf, sodass die Handfläche nach oben zeigte. Er kümmerte sich nicht weiter darum, was Fusco tat oder ob sonst irgendwelche Bewegungen in der Umgebung zu vernehmen waren. Einzig und allein interessierte ihn das Kribbeln in seinen Fingern, welches von der schwarzen Magie herkam, die er durch seinen Körper in die Fingerspitzen geleitet hatte. Ohne größere Mühe ließ er aus dieser Macht eine schwarze Magiekugel erscheinen. Überrascht und unglaublich erfreut lachte Fusco los: „Du hast es geschafft. Du hast es wirklich geschafft. Corvus, du bist ein schwarzer Magier.“ „Natürlich“, murrte Corvus, „Schließlich bin ich ein Diener des Teufels.“ Diese Aussage machte Fusco doch etwas stutzig, dennoch stand er grinsend auf und ging zu Corvus: „Das hast du sehr gut gemacht.“ Dabei tätschelte er Corvus den Kopf: „Und jetzt werfe sie auf einen der Felsen. Such dir einen aus.“ Mit einer einfachen Schwungbewegung warf er die schwarze Magiekugel auf einen der Felsen: „Du unterforderst mich. Die anderen Diener werden mich töten. Gib mir andere Übungen.“ Lachend nickte Fusco: „Jetzt fangen wir erst richtig an zu trainieren.“ Dann begann Fusco kleine Steine zu sammeln: „Hilf mir, Corvus. So können wir schneller anfangen.“ „Als ob…“, er murrte und blickte zu Fusco, wie dieser einen Stein nach dem anderen aufhob, „…wenn das irgendwas Dummes wird, such ich mir einen anderen Dämon als Lehrer.“ Stein für Stein sammelten Corvus und Fusco auf und legten diese auf einen Haufen. Grinsend blickte Fusco ihn dann an: „Jetzt geh… sagen wir 30 Schritte in diese Richtung und drehe dich zu mir um. Ich werfe dann die Steine auf dich. Entweder du weichst ihnen aus oder machst sie mit einer schwarzen Magiekugel unschädlich. Die Entscheidung liegt bei dir.“ Murrend folgte Corvus seiner Anweisung und machte die 30 Schritte, drehte sich wieder zu Fusco und blickte diesen auffordernd an: „Dann leg los.“ Irgendwie wirkte Corvus‘ Verhalten schon reifer, als die Tage zuvor. Zwar musste man in der Hölle schnell erwachsen werden, um zu überleben. Dennoch war diese drastische Veränderung verwunderlich. Fusco warf den ersten Stein. Zu spät reagierte Corvus und bekam ihn ab. Knurrend blickte er zu Fusco: „Weiter.“ Ein Stein nach dem anderen suchte sich seinen Weg zu Corvus. Die meisten bekam er zu spüren, dennoch gelang es ihm auch einigen auszuweichen. Für den ersten Tag Ausweichtraining befand Fusco das als ausgesprochen gut: „Du machst schnelle Fortschritte. Wenn du so weitermachst, schaffen wir es bis zu deinem 10. Geburtstag aus dir einen richtigen Diener zu machen. Satan wird zufrieden sein. Ein zufriedener Fürst ist ein lebendiger Diener.“ Auch in den folgenden Tagen zeigte sich Corvus im Training von seiner besten Seite. Seit Corvus begonnen hatte zu laufen, trainierte Fusco mit ihm. Es war immer schwierig ihn überhaupt anzutreiben, nun kam er ganz von selbst. Er wurde besser im Ausweichen, etwas schneller im Rennen und zielte ausgesprochen gut mit der schwarzen Magie. Nur seine unfreundliche Art und das eigentlich zu reife Verhalten von ihm, bereiteten Fusco einige Kopfschmerzen. Hatte er irgendwas falsch gemacht!? Er hatte immer versucht ihm trotz des Lebens in der Hölle etwas Freude und Spaß zu vermitteln. Davon war jetzt nicht mehr viel zu sehen. „Lass uns eine Pause machen“, unterbrach Fusco die Übung, in der Corvus möglichst schnell nacheinander schwarze Magiekugeln auf einen Felsen werfen sollte. Corvus murrte und machte einfach weiter: „Warum? Ich bin noch nicht fertig.“ Ich sollte vielleicht wirklich eine Pause machen. Fusco meint es gut. Knurrend hörte Corvus mit der Übung auf und setzte sich mit verschränkten Armen auf den Boden: „Gut, eine Pause.“ Grinsend kam Fusco zu ihm und setzte sich ihm gegenüber: „Gibt es vielleicht irgendwas worüber du mit mir reden willst? Du weißt, ich bin immer für dich da. Egal, was passiert.“ Corvus‘ Blick wurde weich und er ließ die Ohren sinken: „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ „Du machst das sehr gut“, pflichtete Fusco ihm lächelnd bei, „Mach dich nicht verrückt. Es sind fast noch 6 Jahre. Und bei deinem ersten Auftrag bin ich dabei. Kein Grund zur Sorge.“ „Hm“, machte Corvus, „Ich weiß nicht, ob ich das kann… töten…“ „Beim ersten Mal ist es immer schwierig“, erklärte Fusco ihm locker, „Aber dann stört es einen immer weniger. Die Leben ziehen an einem vorbei und werden bedeutungslos. Konzentriere dich lieber auf die schönen Dinge im Leben. Fangen spielen, lachen, mich ärgern.“ Er lachte und strich über Corvus‘ Kopf: „Du bist schon seltsam. Mal ganz lieb und unsicher, aber dann wieder ernst und grob.“ Fragend blickte Corvus ihn an: „Ist das so?“ Grinsend sah Fusco ihn an: „Wir haben alle unsere Eigenarten und das macht uns zu etwas Besonderem.“ Lächelnd stand Corvus auf und umarmte Fusco: „Danke. Ich hab‘ dich lieb.“
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Die Prophezeiung des Lichts - Teil 3 - Die Krähe im Wolfspelz
Kapitel 1 - Als Diener geboren Nur kurz verweilte der Blick des schwarzen Fuchses auf seinem alten Freund und Kampfgefährten, der dort in seiner eigenen Blutlache am Boden lag. Wie so oft hatte er vor dem Eingang des Thronsaales gelauscht und versucht unbemerkt einen Blick hinein zu werfen. Allerdings wäre ihm dieser Anblick lieber erspart geblieben. Keine Minute nachdem der Fürst der Finsternis seinen Freund Aposter* die Kehle aufgeschlitzt hatte, verlangte er auch schon nach ihm. Ergeben kniete sich Fusco* mit gesenktem Blick nieder: „Mein Fürst, ihr habt nach mir gerufen.“ Ein Satz, den er schon so oft gesagt hatte und von Tag zu Tag hatte er einen noch bitteren Geschmack. Vor ihm lag die absolute Finsternis, welche nur die zweite Hälfte des Thronsaales so stark einhüllte, dass niemand vermocht hätte hindurch zu sehen. In der Hölle war es überall dunkel, dennoch konnte man ausreichend sehen, um hier zu leben. Ausschließlich die eine Hälfte des Thronsaales bildete die Ausnahme, denn hier verbarg sich der Fürst der Finsternis oder besser bekannt als der Teufel. Eine schwarze Fledermaus mit gänzlich roten Augen trat aus der tiefen Finsternis hervor, in seinen Klauen ein kleines graues Wolfsbaby: „Kümmere dich darum und bilde ihn aus. Sein Name ist ab dem heutigen Tage Corvus* .“ Fusco erhob sich und nahm dem Teufel das kleine Wolfsbaby ab: „Wie ihr wünscht, mein Fürst.“ Das kleine Baby rieb sich die Augen und gähnte verschlafen. „Geh!“ befahl Satan* und zog sich zurück in den dunkleren Teil des Thronsaales. Währenddessen verließ Fusco diesen, durchquerte die Halle, welche direkt vor dem Thronsaal lag und ging in einen der Gänge, die davon wegführten. „Alles ist gut, mein Kleiner“, beruhigte Fusco das Baby und grinste dann breit, „ich bin der beste Papa, den man sich wünschen kann.“ Besonders auffallend waren bei Corvus die verschieden farbigen Augen in blau und gelb, sowie sein weißes Krähensymbol über dem linken Auge. An irgendwas erinnerte Fusco dieses Symbol, aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Sicherlich würde es ihm wieder einfallen, wenn es an der Zeit war. Jetzt war erst einmal nur wichtig den Kleinen groß zu ziehen und auf ihn aufzupassen. Das war das Mindeste, was er seinem Freund Aposter schuldig war. Satan würde nicht auch noch dieses Leben bekommen. „Guten Morgen!“, rief Fusco gut gelaunt wie immer, als er in das Zimmer von Corvus kam. Es waren nun mehr als 4 Jahre vergangen und Corvus war alles andere als kooperativ. Nachts musste Fusco ihn sogar einschließen, um sicher zu gehen, dass er am nächsten Morgen auch noch in seinem Zimmer war. Dennoch erschien der Raum leer, als Fusco hereinkam. Seinen Blick schweifend nahm Fusco zuerst den morschen, alten Schreibtisch ins Visier, doch darunter befand sich Corvus nicht. Dann bewegte er sich auf das ebenfalls alte, morsche Holzbett mit der harten Matratze, der dünnen Decke und dem federarmen Kissen zu: „Ich weiß das du hier bist, Corvus. Genug Versteck gespielt.“ Dabei klang Fusco weder streng, noch verärgert, sondern eher amüsiert. „Geh weg“, antwortete die kindliche Stimme unter dem Bett, „Ich werde nicht hervor kommen.“ „Oh“, gab sich Fusco künstlich geschlagen, „Dann kann ich dir wohl doch nicht zeigen, wo die Dämonen Wasser und Brot verteilen und du wirst auf dein Frühstück verzichten müssen. Außerdem ist ein ganzer Tag ohne Wasser wohl recht schwierig bei dieser Wärme, dem Staub und der Asche.“ „Du bist gemein“, protestierte Corvus unter dem Bett, „Wirklich sehr gemein.“ Noch etwas zögerlich robbte Corvus unter dem Bett hervor. Sein Fell war nur so mit Staub und Asche bedeckt. Noch immer trotzig blieb er auf dem Boden sitzen und schmollte. Grinsend reichte Fusco ihm die Hand: „Na komm. Das ist doch spannend. Vielleicht erleben wir einen Kampf zwischen Dämon und Diener. Wäre das nicht was?“ Corvus blickte weg und verschränkte die Arme. Nach dem Frühstück muss ich wieder kämpfen üben. Ich will nicht. Warum lässt er mich nicht einfach in Ruhe? Da Corvus keine Anstalten machte sich in Bewegung zu setzen, packte Fusco ihn grinsend und hob ihn hoch. „Nein!“, kreischte Corvus, „Ich will nicht.“ Lachend trug Fusco ihn aus dem Zimmer: „Es geht aber nicht danach, was du willst.“ Durch die Gänge lief er Richtung Eingangshalle, durchquerte diese und ging hinaus aus dem Schloss. Dort ging er mit Corvus über die steinerne Rundbrücke, welche als Einzige über den Lavafluss führte. Zwischen den Dämonen vor dem Schloss entlang. Die meisten Dämonen beachteten die beiden gar nicht. Dennoch gab es Vereinzelte, die ihnen einen Blick zu warfen, welcher Missbilligung und Geringschätzung ausdrückte. Fusco gehörte zur untersten Schicht im Rangsystem der Dämonengesellschaft und war von seinem Vater verstoßen worden. Aber das alleine reichte für die Reaktion der Dämonen nicht aus. Hauptgrund hierfür war Fuscos absolut untypisches dämonisches Verhalten, welches ihn zu einem Außenseiter ganz besonderer Art machte. Grinsend nickte Fusco einigen Dämonen zu und setzte seinen Weg fort. Corvus klammerte sich etwas angespannt an Fusco, denn die Dämonen waren ihm unheimlich. Sie waren so ganz anders als Fusco und er wusste nicht, wie er mit ihnen umgehen sollte. Ihr Weg führte sie noch ein Stück weiter zu einem unterirdischen Lagerraum, welchen sie jedoch nicht betreten würden. Vor dem Eingang standen bereits einige vorbereitete Körbe mit Wasser und Brot. Fusco wusste, dass es dabei Unterschiede gab und diese galt es nun Corvus beizubringen. Bevor man überhaupt zu den Körben kam, musste man an einigen Dämonen vorbei. „Sieh hin“, forderte Fusco ihn nun auf und setzte ihn auf dem Boden zu seinen Füßen ab, „Die ersten Dämonen hier vorne warten auf Herausforderungen. Wie du weißt bekommt man nur das frischere Brot, wenn man einen von ihnen besiegt. Ansonsten muss man sich mit dem alten Brot zufrieden geben. Der dort hinten passt auf, dass sich auch kein Diener einfach an dem anderen Brot bedient oder gar hinunter zum Lager geht.“ Unsicher blickte Corvus zu den Dämonen. Mit ihren ganzen Narben oder sogar recht frischen Verletzungen wirkten sie nur noch bedrohlicher. „Ich kann aber nicht kämpfen“, bemerkte Corvus klein laut, „Und die sehen stark aus.“ Mit einem Lächeln strich Fusco ihm über den Kopf: „Noch bist du zu klein.“ Dann ergriff er die kleine Hand von Corvus und lief mit ihm zwischen den Dämonen entlang zu den Körben. Einen davon nahm Fusco sich, um dann gleich wieder mit Corvus zurück zu gehen. Den Blick am Boden haftend, ließ sich Corvus von Fusco hindurch und auch wieder zurückführen. Nur am Rande bekam er mit, wie ein anderer Diener des Teufels hinzukam sowie einen der Dämonen herausforderte: „Hey, du! Mit dir nehme ich es locker auf!“ Und so ein Diener soll ich auch einmal werden? Kämpfen und töten? Corvus Blick ging hoch zu Fusco: „Gehen wir jetzt zurück ins Schloss?“ „Ja und dann frühstückst du erst einmal richtig. Schließlich brauchst du Kraft für das Training“, bestätigte Fusco gut gelaunt, „Das Brot sieht richtig gut aus heute. Damit bekommst du besonders viel Energie.“ „Hm“, machte Corvus und wünschte er wäre nicht als Diener geboren worden. Die beiden trainierten immer weit entfernt vom Schloss. Zwar konnte man dieses noch in der Ferne erkennen, aber sonst war niemand hier. Der steinige Felsboden und die leicht hügelige Umgebung boten ihnen ein ideales Trainingsfeld. „Zuerst wird gerannt“, beschloss Fusco munter, „Dreh ein paar Runden bis ich stopp sage.“ „Nein“, entgegnete Corvus, „Ich will nicht.“ Fusco lachte daraufhin: „In Ordnung. Dann lass uns fangen spielen. Ich bin auch zuerst Fänger.“ „Fangen? Ok, spielen wir fangen“, bestätigte er, „das macht Spaß.“ „Ich zähle bis 10. 1, 2, 3…“, begann Fusco und wusste, dass es genau den gleichen Effekt hatte, als würde Corvus einfach ein paar Runden rennen. Hastig rannte Corvus los, so schnell er konnte. Weit kam er nicht, obwohl Fusco sich beim Zählen schon Zeit gelassen hatte. Mit einem schnellen Sprint hatte Fusco ihn eingeholt und musste dabei nicht einmal seine angeborene dämonische Geschwindigkeit einsetzen. Corvus war schließlich auch noch ein Kind und im Gegensatz zu Dämonenkindern in der körperlichen Entwicklung noch nicht so weit. Außer Atem begann nun Corvus zu zählen, während Fusco sich langsamen Schrittes von ihm entfernte. „…10“, betonte er besonders laut und rannte dann los. Jedoch machte Fusco es ihm nicht so einfach und sprintete ein Stück nach vorne, um dann wieder langsamer zu werden. Kaum das Corvus ihm wieder näher kam, wieder holte er das. Entschlossen Fusco zu kriegen, rannte Corvus dennoch weiter. Irgendwann passt er nicht auf und dann habe ich ihn. Nach einiger Zeit ließ Corvus sich erschöpft und hastig atmend auf die Knie fallen: „Ich gebe auf. Du hast gewonnen.“ Lachend lief Fusco zu ihm hin: „Du hast dich gut geschlagen. Kurze Pause.“ Fusco setzte sich auf einen der Felsen in der Nähe. Erst beobachtete er Corvus eine ganze Weile, wie der dort auf dem Boden hockte und langsam sich der rasende Herzschlag beruhigte. Dann aber vertiefte er sich in seine eigenen Gedanken. Corvus entging nicht, dass Fusco scheinbar in Gedanken vertieft war und nutzte die Gelegenheit. Möglichst leise stand er auf und schlich sich davon. Erst ganz langsam, wobei er immer wieder zu Fusco blickte, ehe er schneller wurde und sich immer weiter vom Schloss sowie von Fusco entfernte. Es sieht alles ziemlich gleich aus. Nichts als Gestein, Felsen und Staub. Ich hatte irgendwas Spannendes erwartet. Sein Blick ging zu einer Gesteinsgruppe aus verschiedenen großen Felsen und Steinplatten, die wie aufeinander geschoben wirkten. Wenn er sich nicht täuschte, gab es dort einen Spalt durch den man ins Innere kam. Kurz zögerte er, blickte zurück in die Richtung aus der er gekommen war und ging dann auf die vermutliche Öffnung zu. Es war zu dunkel, um erkennen zu können, ob es sich um eine Höhle handelte. Also tastete er am Rand der Öffnung mit den Händen herum, ehe er einen Schritt hinein wagte. Sein Fuß trat im ersten Augenblick ins Leere, ließ ihn stolpern und eine Schräge hinab purzeln: „Hilfe!“ Die einzelnen Steine verschiedener Größen bohrten sich bei jedem Aufprall in sein Fell. Unten angekommen richtete er sich schmerzend auf: „Au! Das tat weh.“ Zurückblickend überlegte er, ob er alleine wieder hinauf klettern könnte. „Apollon*?“ , ließ ihn eine Stimme aufschrecken und wieder auf das vor ihn blicken. Sind das… Geister!? Vor ihm schien sich endlos in die Weite eine große Anzahl von verstorbenen Seelen aufzuhalten. Ein wenig erinnerte es ihn an eine von Fuscos Erzählungen die Seelenebenen der Hölle -. Wenn Fuscos Geschichte wahr wäre, so sollte es eine Seelenebene für die dunklen Seelen der Verstorbenen geben und eine Ebene der verlorenen Seelen. Dort landeten alle untreuen Diener des Teufels, die von Satan selbst getötet worden waren. Nur welche der beiden Seelenebenen wäre das dann? „Apollon, du bist es wirklich“, vernahm Corvus erneut die Stimme und ging nun einige Schritte näher an die Seelen heran. Ein schwarzer Wolf, leicht durchsichtig und mit gelben Augen blickte ihn an. „Meinst du mich?“, hinterfragte Corvus nun. „Mein Sohn Apollon, ich bin dein Vater“, erklärte der geisterhafte Wolf, „Du solltest nicht hier sein. Du musst fliehen. Hör mir jetzt genau zu.“ Aus irgendeinem Grund fühlte Corvus in sich eine aufkommende Wut gegen den Wolf: „Du bist mein Vater?“ „Vertrau mir. Du musst fort von der Hölle. Es gibt einen Weg hinaus, wenn du noch weiter in die Hölle hinein läufst. Er ist unterirdisch und durch einen langen Gang gelangst du zu einem Portal. Sobald du draußen bist, suche einen weißen Magier und sag ihm wer du bist. Er wird dich zu deiner Mutter bringen, sie ist eine sehr starke weiße Magierin. Sie beschützen dich vor Satan“, erklärte der Wolf ihm weiter. Corvus knurrte wütend: „Warum bist du dann nicht selbst geflohen? Warum bin ich dann hier?“ Aufgebracht drehte er sich weg und machte sich so schnell es ihm möglich war wieder nach oben. „Du musst fliehen“, rief ihm der Wolf hinterher, aber Corvus drehte sich nicht noch einmal um. Diese Wut trieb ihn an zurück nach oben zu kommen und zurück zum Schloss zu laufen. Dennoch rannen ihm auch Tränen über die Wangen. Gerade als Corvus die Brücke über den Lavafluss überquerte, vernahm er Fuscos Stimme: „Corvus! Da bist du.“ Er lachte: „Da kriegt jetzt jemand aber Ärger.“ „Lass mich in Ruhe“, knurrte Corvus ihn genervt an, „Idiotischer Dämon.“ Fusco war etwas verwundert über seine so harsche Reaktion und noch viel mehr über das dunkelgraue Krähensymbol. Sicherlich war er schon oft nicht erfreut über die Situation gewesen, aber so hatte er noch nie reagiert. Außerdem war das Krähensymbol schon einige Male grau vor Schmutz, dennoch nie in solchem Maße. Es wirkte auch nicht wie Dreck. „Was ist los, mein Kleiner?“, hinterfragte Fusco dennoch gut gelaunt, „Hat dich auf deinem Abenteuerausflug jemand geärgert?“ „Verzieh dich!“, knurrte Corvus ihn erneut an und ging dann einfach weiter Richtung Schloss und hinein in die Halle. Auch Fusco setzte sich in Bewegung, um ihn ohne große Anstrengung einzuholen: „Na-na, das ist aber sehr unfreundlich. Das Training hast du auch wieder geschwänzt. Da werden wir morgen das doppelte leisten müssen.“ Zielgerichtet lief Corvus zu seinem Zimmer und ignorierte Fusco nun einfach. Idiot! Ich will meine Ruhe haben und ob ich morgen nun trainiere oder nicht, werden wir noch sehen. Was ist mit dem Wolf? Sollte ich Fusco davon erzählen? Nein, das ist mein Geheimnis. Am Abend saß Fusco wie jeden Tag an Corvus Bett und wartete darauf, dass dieser einschlafen würde. Corvus lag mit offenen Augen auf der Seite und starrte die Wand an. Ein leises Seufzen war von ihm zu hören: „Fusco?“ „Ja?“, hinterfragte Fusco grinsend, „Willst du noch eine Geschichte hören?“ Das kurze Schweigen nahm Fusco schon als ein ‚Nein‘, jedoch antwortete Corvus dann doch noch: „Hm, erzähl mir etwas über meine Eltern. Du kanntest sie doch?“ Irgendwann musste diese Frage von ihm kommen, dass hatte Fusco erwartet. Nur nicht, dass sie schon so bald kommen würde: „Ich kannte deinen Vater. Er war ein sehr guter Freund von mir. Über deine Mutter weiß ich nicht viel, nur dass sie eine starke weiße Magierin gewesen sein soll. Also lass mich dir eine Geschichte über deinen Vater erzählen. Aposter war ein recht angesehener Diener beim Teufel. Seine Aufgabe bestand vor allem darin weiße Magier aufzuspüren und zu töten, aber er hatte auch noch eine Nebenaufgabe. Immer wenn ein Diener den Pakt nicht ein hielt und für den Teufel aber unentbehrlich schien, schickte er Aposter los. Den Diener brachte er entweder zurück zu Satan oder aber brachte ihn unter dessen Kontrolle. Daher war Aposter unter den Dienern auch verrufen. Sein Freundeskreis beschränkte sich auf mich. Seine Aufträge erfüllte er immer ausgezeichnet bis zu dem Tag an dem er deine Mutter kennen lernte. Es ist verboten eine Verbindung mit dem Feind zu haben, vor allem eine solche. Satan fand seinen Verrat raus, ließ dich holen und tötete Aposter indem er ihm erst in den Thronsaal rief, dich ihm präsentierte und ihm dann die Kehle aufschlitzte. Das solltest du niemals vergessen, Corvus. Niemand entkommt dem Teufel.“ „Niemand“, wiederholte Corvus, „Ja… aber woher wusste der Teufel, wie ich heiße?“ „Wusste er nicht“, bestätigte Fusco grinsend, „Er nannte dich einfach Corvus. Von deinem Vater weiß ich, dass er dich Apollon genannt hat. Es war unser Geheimnis. Leider hat er mir nicht viel erzählt. Er wollte wohl seine Familie nicht in Gefahr bringen. Jetzt schlaf‘ aber, Corvus. Deinen richtigen Namen musst du für dich behalten. Das ist jetzt unser Geheimnis.“ „Ok. Gute Nacht, Fusco“, sprach Corvus leise, ehe er die Augen schloss, um sich der Müdigkeit zu ergeben. „Versuchen wir es heute noch einmal mit der schwarzen Magie, Corvus“, meinte Fusco grinsend. Sie waren mal wieder an ihrem alten Stammplatz und somit weit genug entfernt, damit niemand sie bemerkten könnte. Wenn Satan davon erfahren würde, wäre Corvus‘ Leben zu Ende. Relativ wenig Sorgen machte sich Fusco um sich selbst. Immer wieder ließ Fusco ihn diese Übung wiederholen und jedes Mal erhielten sie weiße Magie. Strengstens verboten und ein Todesurteil. Da Corvus‘ Vater ebenfalls schwarzer Magier gewesen war, musste einfach irgendwo in Corvus diese Kraft schlummern. Bedauerlicher Weise hatte diese sich bisher nicht gezeigt. „Ich weiß wie das geht“, murrte Corvus ihn an, „Also fang‘ nicht an mir das zu erklären.“ Auch diesen Morgen war Corvus sehr schlecht gelaunt. Wenn Fusco nur wüsste, was vorgefallen war, dass er solche Laune hatte. Geschehnisse prägten kleine Kinder noch auf besondere Weise, das wusste Fusco, aber was konnte ihn so verändert haben!? Fusco setzte sich auf einen Felsen und wartete grinsend ab: „Wenn du das weißt, dann zeig was du kannst.“ Hass, Wut, der Wille zu töten, dass macht einen schwarzen Magier aus. Corvus streckte die Hand auf, sodass die Handfläche nach oben zeigte. Er kümmerte sich nicht weiter darum, was Fusco tat oder ob sonst irgendwelche Bewegungen in der Umgebung zu vernehmen waren. Einzig und allein interessierte ihn das Kribbeln in seinen Fingern, welches von der schwarzen Magie herkam, die er durch seinen Körper in die Fingerspitzen geleitet hatte. Ohne größere Mühe ließ er aus dieser Macht eine schwarze Magiekugel erscheinen. Überrascht und unglaublich erfreut lachte Fusco los: „Du hast es geschafft. Du hast es wirklich geschafft. Corvus, du bist ein schwarzer Magier.“ „Natürlich“, murrte Corvus, „Schließlich bin ich ein Diener des Teufels.“ Diese Aussage machte Fusco doch etwas stutzig, dennoch stand er grinsend auf und ging zu Corvus: „Das hast du sehr gut gemacht.“ Dabei tätschelte er Corvus den Kopf: „Und jetzt werfe sie auf einen der Felsen. Such dir einen aus.“ Mit einer einfachen Schwungbewegung warf er die schwarze Magiekugel auf einen der Felsen: „Du unterforderst mich. Die anderen Diener werden mich töten. Gib mir andere Übungen.“ Lachend nickte Fusco: „Jetzt fangen wir erst richtig an zu trainieren.“ Dann begann Fusco kleine Steine zu sammeln: „Hilf mir, Corvus. So können wir schneller anfangen.“ „Als ob…“, er murrte und blickte zu Fusco, wie dieser einen Stein nach dem anderen aufhob, „…wenn das irgendwas Dummes wird, such ich mir einen anderen Dämon als Lehrer.“ Stein für Stein sammelten Corvus und Fusco auf und legten diese auf einen Haufen. Grinsend blickte Fusco ihn dann an: „Jetzt geh… sagen wir 30 Schritte in diese Richtung und drehe dich zu mir um. Ich werfe dann die Steine auf dich. Entweder du weichst ihnen aus oder machst sie mit einer schwarzen Magiekugel unschädlich. Die Entscheidung liegt bei dir.“ Murrend folgte Corvus seiner Anweisung und machte die 30 Schritte, drehte sich wieder zu Fusco und blickte diesen auffordernd an: „Dann leg los.“ Irgendwie wirkte Corvus‘ Verhalten schon reifer, als die Tage zuvor. Zwar musste man in der Hölle schnell erwachsen werden, um zu überleben. Dennoch war diese drastische Veränderung verwunderlich. Fusco warf den ersten Stein. Zu spät reagierte Corvus und bekam ihn ab. Knurrend blickte er zu Fusco: „Weiter.“ Ein Stein nach dem anderen suchte sich seinen Weg zu Corvus. Die meisten bekam er zu spüren, dennoch gelang es ihm auch einigen auszuweichen. Für den ersten Tag Ausweichtraining befand Fusco das als ausgesprochen gut: „Du machst schnelle Fortschritte. Wenn du so weitermachst, schaffen wir es bis zu deinem 10. Geburtstag aus dir einen richtigen Diener zu machen. Satan wird zufrieden sein. Ein zufriedener Fürst ist ein lebendiger Diener.“ Auch in den folgenden Tagen zeigte sich Corvus im Training von seiner besten Seite. Seit Corvus begonnen hatte zu laufen, trainierte Fusco mit ihm. Es war immer schwierig ihn überhaupt anzutreiben, nun kam er ganz von selbst. Er wurde besser im Ausweichen, etwas schneller im Rennen und zielte ausgesprochen gut mit der schwarzen Magie. Nur seine unfreundliche Art und das eigentlich zu reife Verhalten von ihm, bereiteten Fusco einige Kopfschmerzen. Hatte er irgendwas falsch gemacht!? Er hatte immer versucht ihm trotz des Lebens in der Hölle etwas Freude und Spaß zu vermitteln. Davon war jetzt nicht mehr viel zu sehen. „Lass uns eine Pause machen“, unterbrach Fusco die Übung, in der Corvus möglichst schnell nacheinander schwarze Magiekugeln auf einen Felsen werfen sollte. Corvus murrte und machte einfach weiter: „Warum? Ich bin noch nicht fertig.“ Ich sollte vielleicht wirklich eine Pause machen. Fusco meint es gut. Knurrend hörte Corvus mit der Übung auf und setzte sich mit verschränkten Armen auf den Boden: „Gut, eine Pause.“ Grinsend kam Fusco zu ihm und setzte sich ihm gegenüber: „Gibt es vielleicht irgendwas worüber du mit mir reden willst? Du weißt, ich bin immer für dich da. Egal, was passiert.“ Corvus‘ Blick wurde weich und er ließ die Ohren sinken: „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ „Du machst das sehr gut“, pflichtete Fusco ihm lächelnd bei, „Mach dich nicht verrückt. Es sind fast noch 6 Jahre. Und bei deinem ersten Auftrag bin ich dabei. Kein Grund zur Sorge.“ „Hm“, machte Corvus, „Ich weiß nicht, ob ich das kann… töten…“ „Beim ersten Mal ist es immer schwierig“, erklärte Fusco ihm locker, „Aber dann stört es einen immer weniger. Die Leben ziehen an einem vorbei und werden bedeutungslos. Konzentriere dich lieber auf die schönen Dinge im Leben. Fangen spielen, lachen, mich ärgern.“ Er lachte und strich über Corvus‘ Kopf: „Du bist schon seltsam. Mal ganz lieb und unsicher, aber dann wieder ernst und grob.“ Fragend blickte Corvus ihn an: „Ist das so?“ Grinsend sah Fusco ihn an: „Wir haben alle unsere Eigenarten und das macht uns zu etwas Besonderem.“ Lächelnd stand Corvus auf und umarmte Fusco: „Danke. Ich hab‘ dich lieb.“

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