Teil 1 - Entstehung eines neuen Reiches
Prolog Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, die Hitze des Tages hatte Ihren Höhepunkt und dennoch waren die Straßen von Bastet belebt. Man ging geschäftig seinem Alltag nach, sah zu das Geld zu verdienen, welches für die Familie nötig war. Die ärmere Arbeiterklasse machte den Großteil der Bevölkerung in der Stadt aus, dennoch hatten sie kein schlechtes Leben. Hexer, Hexen und Nicht- Magische leben dort friedlich nebeneinander, doch das war nicht immer so. Das Land Deserta existierte zwar schon seit Jahrtausenden, wurde aber lediglich von Nomaden mit kurzzeitigen Perioden der Niederlassung besiedelt. Erst im letzten Jahrtausend kamen Hexer, Hexen und Gewöhnliche aus dem Kontinent Portunus herüber nach Fidius, dem Wüstenkontinent. Ihnen war bewusst, dass das Leben dort nicht einfach werden würde. Dennoch versuchten sie ihr Glück, flohen aus dem ständigen Krieg zwischen weißen und schwarzen Magiern, der Bedrohung durch feindselige Hexer und Hexen und den Zwist, der zwischen Gewöhnlichen und Magischen herrschte. Neben Bastet bildeten sich vier weitere große Städte: Harena, Sandyx, Ebur und Excetra. Der Handel zwischen den fünf Städten blühte, doch das war nicht immer so. Ein dunkler Schatten lag auch über diesem Reich, den die Pharaonen selbst bezwingen mussten, ganz ohne die göttliche Dreiheit. Die Desertaner hatten dennoch einen festen Glauben an sie, befolgten ihre Gesetze und denen des Pharaos, welcher ebenfalls als Gott verehrt wurde. Unter all den Leuten auf der Straße war auch eine junge Hexe unterwegs, ihre Körperbemalung zeichnete sie als Priesterin aus, welche sie bereits im Alter von 7 Jahren erhalten hatte. Dennoch hatte sie niemals begonnen als Priesterin im Tempel zu arbeiten. Es war kein Leben, dass sie sich wünschte, auch wenn ihr kürzlich verstorbener Vater sie gerne in dieser Tätigkeit gesehen hätte. Respektvoll begegneten ihr die anderen Leute, immer versuchte sie höflich zu bleiben, nicht aufzufallen. Viel lieber zog sie sich in die Wüste zurück und übte heimlich ihre Hexerei aus, ohne Einschränkungen, ohne Tribut an die Götter zu zollen. Götter - sie glaubte an keine Götter und hielt sie auch nicht für allmächtig. Doch so konnte sie nicht weiter machen, denn von dem wenigen Geld das ihr von ihrem Vater geblieben war, konnte sie nicht lange leben. Eine Heirat kam für Créer* auch nicht in Frage, auch wenn sie bereits 18 Jahre alt war und für damalige Verhältnisse spät dran. Eine Woche nach dem Tod ihres Vaters. Achte die Regeln der Hexerei - beschlossen und gehütet vom Hexerdreieck. Sonst wird es dein Schaden sein. Kapitel 1 - Zum Priesterleben verflucht Créer war auf dem Weg zum Tempel, um noch die verbliebenen Bücher ihres verstorbenen Vaters abzuholen. Es war ein hektisches Treiben auf den Straßen, Kinder liefen spielend herum, während die meisten Leute bei den Markständen für ihren täglichen Bedarf einkauften. Die Stände wurden dabei laufend mit Waren versorgt, wobei Wägen durch die Straßen gezogen wurden. Die Leute waren das gewohnt und dennoch war es kein unerheblicher Kraftaufwand einen voll beladenen Wagen durch die belebte Straße zu ziehen. Zwischen den Geräuschen und Stimmen, erhob sich auch immer wieder ein lautes Rufen von den Verkäufern, die ihre Ware anpriesen und jeder die beste Ware und die besten Preise anbieten wollte. Auch Créer musste noch einkaufen, daher trug sie einen Korb bei sich und blickte immer wieder zu den Marktständen, wobei sie Ware, als auch Preise verglich. Viel Geld war ihr nicht geblieben und sie musste damit solange auskommen, bis sie eine geeignete Arbeit für sich gefunden hätte. Ihr dunkelgraues Fell mit der hellgrauen Körperbemalung wurde von einem langen cremeweißen Kleid bedeckt, welches aus dünnem leichtdurchsichtigem Stoff bestand. Einen langen, ebenfalls dünnen hell-olivgelben Schal trug sie um den Hals, während ihre Füße lediglich braune Ledersandalen trugen. Der dünne Stoff ließ genug Luft an den Körper, was bei den Temperaturen auf Fidius nötig war. Abgesehen von ihren zwei goldenen Ohrringen trug Créer keinen Schmuck, was sie allerdings schon in einer höheren Stellung auswies. Während die normalen Arbeiter in der Regel gar keinen Schmuck trugen, hatten die Pharaonen prachtvolle Ketten, Armbänder und mehr. Die Männer trugen meist lediglich einen Lendenschurz, welcher je nach Aufmachung auf die jeweilige Stellung zusätzlich hinwies. Dennoch war das keine Pflicht und der Oberkörper konnte je nach eigenem Wohlgefühl ebenfalls eingekleidet werden. Einer der Verkäufer sprach Créer an, als sie sich an seinem Stand umschaute: „Verehrte Kundin, was kann ich euch von meiner bescheidenen Ware anbieten?“ Anhand ihrer Priesterbemalung hatte er sie als solche erkannt und wollte ihr alle Ehre erweisen. Priesterinnen waren sehr hoch angesehen und wurden dadurch bevorzugt behandelt. Créer reichte ihm den Korb herüber, wo er sie nun eh schon angesprochen hatte: „Fühlt ihn mit einigen Äpfeln.“ Ohne zu zögern begann der Verkäufer die schönsten Äpfel auf seinem Angebot in ihren Korb zu packen: „Ihr seid eine Priesterin, ich werde euch an besonderes Angebot machen. Ihr braucht lediglich 6 Münzen zahlen.“ Eigentlich wollte Créer gar nicht weniger zahlen, dieses Verhalten ging ihr auf die Nerven. Natürlich könnte sie daran sparen, gerade wo sie so wenig Geld zur Verfügung hatte und doch störte es sie: „Das ist wirklich freundlich von Ihnen.“ Ablehnen konnte sie es dennoch nicht und versucht sich ihren Unmut darüber nicht anmerken zu lassen. Es wurde nicht gerne gesehen, wenn eine Priesterin ihren Aufgaben nicht nachging oder sie sich nicht angemessen verhielt. Freudig darüber einer Priesterin so ein gutes Angebot gemacht zu haben, schob er Créer den Korb herüber. Sie nahm diesen an sich und zahlte die verlangten sechs Münzen, was viel zu wenig war. Für die Anzahl an Äpfeln hätte er mindestens das Doppelte verlangen können. „Möge die göttliche Dreiheit mit euch sein“, fügte er noch hinzu. Wie oft Créer diesen Satz schon gehört hatte und wie sehr sie es doch hasste: „Mit euch auch.“ Gezwungen lächelte sie ihn an, versuchte sich nichts anmerken zu lassen und setzte dann mit ihrem Korb den Weg zum Tempel fort. Die Äpfel rollten etwas im Korb herum, während Créer sich weiter durch die Straßen drängte. Seit dem Tod ihres Vaters kochte sie nicht mehr, zu sehr erinnerte es sie an das Familiäre, was sie nicht mehr hatte. So alleine war es wie ein tiefer Stich im Herzen, auch wenn sie zuletzt das Verhältnis zu ihrem Vater immer distanzierter geworden war. Somit beschränkte sie ihr essen lieber auf Früchte, um nicht noch mehr unter dem Verlust zu leiden. Wie gerne würde sich an einem Ort leben, wo sie in aller Ruhe ihre Hexerei ausüben könnte, Dinge erschaffen und ihre Kräfte austesten könnte. Aber solange sie in Bastet blieb, konnte sie das nur tun, wenn sie sich in die Wüste schlich und unbemerkt von anderen hexte. Kaum erreichte Créer den großen Platz vor dem Tempel, erblickte sie die Statuen der göttlichen Dreiheit vor dem Tempeleingang. In der Mitte wurde der Erste dargestellt, ein Schakal, welcher mit strengem Blick über den Platz schaute. Seine Kleidung war untypisch für das Volk von Deserta. Er trug eine gewöhnliche Hose, ein Hemd, geschlossene Schuhe und mehrere Armbänder am rechten Arm, die jedoch eher so wirkten, als wären sie aus Leder oder ähnlichem. Die rechte Statue zeigte einen Fuchs, welcher neutral und dennoch urteilend wirkte. Es handelte sich um den Zweiten, dessen Kleidung ebenfalls nicht aus dieser Gegend stammte. Auch er trug Hemd, Hose und entsprechende Schuhe. Statt den Armbändern zierte sein Hals eine längere Kette, an dessen Ende ein Beutel hing. Links wurde der Dritte präsentiert, dessen Blick eher weich war und dennoch wirkte er durch den knöchernen Ast in seiner rechten Hand, der ihm als Stab diente, wie ein wachsamer Beobachter. Mit seiner Kleidung unterschied er sich von den anderen beiden und doch war es auch keine Kleidung aus Deserta. Sein Oberkörper war frei, Hose und Schuhe wirkten abgenutzter. Als Einziger der göttlichen Dreiheit trug er Handschuhe, wo die Fingerkuppen schon herausschauten. Im linken Ohr hatte er drei Ohrstecker und zwei Kreolen, im Rechten waren es vier Ohrstecker und ein Ohrring mit zwei Federn daran. Außerdem trug er eine Kette um den Hals mit drei kleinen Tierknochen daran. Alle drei Statuen waren aus weißem Granit, sowie der Tempel und der gesamte Platz davor. Zwischen der rechten und der mittleren, sowie der linken und mittleren Statue waren jeweils ein Eingang, welche in den Tempel führten. Créer lief an der Statue des Zweiten vorbei und betrat den Tempel. Der Gebetsraum war das Herzstück des Tempels, geziert von acht Säulen, wovon jeweils vier rechts und vier links standen. Diese waren, wie die Wände des Raumes, mit Hieroglyphen und bildlichen Darstellungen versehen. Im Zentrum des Gebetsraumes stand eine breite, trapezförmige Säule dessen breite Kante zum Eingang zeigte. Zu den Füßen dieser befand sich ein Altar, geschmückt und gedeckt mit Opfergaben, wie Obst, Honig, Wein, süße Brote und vieles mehr. Die Opfergaben wurden für die göttliche Dreiheit niedergelegt, um diese wohlwollend zu stimmen. Die große Säule dahinter war wie die anderen Säulen mit Hieroglyphen versehen und erzählte die Geschichte über die Entstehung der Hexerei. Dieser Überlieferung nach erschuf die göttliche Dreiheit die Naturmagie und legte ihre Regeln und Gebräuche fest. Princeps, der Erste der göttlichen Dreiheit, wurde als strenger Richter über jede, die es wagten sich diesen festen Regeln zu widersetzen, dargestellt. Aber auch als weiser und rechtschaffender Gott, welcher die Folgsamen und Gutmütigen belohnte. Der Zweite, Secundus, hingegen wurde als gerechter und friedlicher Schlichter hervorgehoben. Als nachdenklicher und ruhebringender Gott, soll er für das Verständnis zwischen den Pharaonen sorgen, aber auch Bewahrer von Streitigkeiten innerhalb des Volkes, der Familie und der Händler. Ein Schutzgott war der Dritte, Tertius. Ihm wurde zugeschrieben denen beizustehen, die Not litten und die zu beschützen, welche Schutz benötigten. Er wurde als gütig und verständnisvoller Gott dargestellt. Alle zusammen konnten sie mit ihren Kräften die Ernte, das Wetter und vieles mehr beeinflussen. Die Regeln der Hexerei waren dort ebenfalls verewigt, der sogenannte Maga Codex. Neben dem Gebetsraum gab es rechts die Baderäume für die Priester und links das Arbeitszimmer des Tempelführers sowie den Medizinraum. Durchschritt man den Gebetsraum bis zum Ende, gelangte man zu einer Treppe, die hinab zur Bibliothek führte, welche gleichzeitig als Arbeitszimmer für alle anderen Priester diente. In allen Räumen gab es große Kerzenständer auf denen mehrere Kerzen Platz hatten und durch ihr Licht den Tempel erhellten. Diese wurden von den Priestern mittels Hexerei entzündet. Créer ließ ihren Blick durch den Raum wandern, atmete die Luft ein, welche einen starken Weihrauchgeruch hatte und machte sich auf den Weg zum Arbeitszimmer des Tempelführers. Nicht ohne die Aufmerksamkeit der anderen Priesterinnen im Gebetsraum zu entgehen, die direkt begannen unschön über sie zu tuscheln. Créer gab ihnen dafür auch mehr als genug Grund, denn in ihrem Alter weder verheiratet zu sein, noch eine Arbeit auszuführen, war ein absolutes Sakrileg. Zusätzlich spielte eine Menge Eifersucht ebenfalls eine Rolle, da Créer bereits in jungen Jahren ungewöhnlich talentiert gewesen war und sogar schon damals ihren Teil beim Schutzzauber für die Stadt beigesteuert hat. Noch während die anderen Priesterinnen hinter ihrem Rücken tuschelten, betrat Créer das Arbeitszimmer des Tempelführers und begrüßte ihn mit einem dezenten Nicken: „Guten Morgen Menefer.“ Der ältere Kater saß gerade an seinem Schreibtisch und blickte freudig auf, als er Créers Stimme vernahm: „Guten Morgen Créer, ich freue mich dich zu sehen. Was führt dich in den Tempel?“ Sein einst kräftiges braunes Fell ging langsam ins grau über, ein langer Bart zierte sein Äußeres und verlieh ihm einen besondere Ausstrahlung der Lebensweisheit. Als Tempelführer trug er ein längeres, helles Gewand aus Leinen mit Verzierungen bestickt. Während er sich von seinem Platz erhob klimperten seine Armreife, die neben einigen Ringen seine Hand zierten. Er griff nach seinem Gehstock, der durch seine Länge auch gut als Stab dienen könnte. „Ich möchte lediglich die Bücher meines Vaters holen, um sie seinem Grab beizulegen“, entgegnete ihm Créer, was Menefer einen Moment traurig stimmte. Er selbst war um einiges Älter als ihr Vater es gewesen war, wobei Menefers Alter ohnehin ungewöhnlich war: „Mein herzliches Beileid. Siad war ein wirklich außergewöhnlich talentierter Priester und guter Freund. Genauso wie deine Mutter. Du hast ihr Talent geerbt. Komm, gehen wir erst einmal die Bücher holen.“ Créer zwang sich zu seinem Lächeln: „Ja, bitte.“ So oft hatte sie schon von ihm gehört, wie talentiert ihre Eltern doch gewesen war und wie talentiert sie selbst war. Auch wusste sie, wohin dieses Gespräch führen würde und dass er es doch nur gut meinte. Créer hatte schon von Geburt an eine besondere Veranlagung für die Hexerei. Bereits in jungen Jahren entdeckte sie ihre Begeisterung für die Naturmagie, allerdings lag diese eher im Entdecken und Erschaffen neuer Dinge und nicht zur Huldigung von Pharaonen und Göttern. Sie fühlte sich immer gezwungen dieser Tradition folge leisten zu müssen und wurde auch entsprechend ausgebildet. Dennoch war sie sehr lernbegeistert bei allem rund um die Hexerei. Kaum das sie lesen konnte, zog sie sich ein Buch nach dem anderen zu Gemüte. Was Créer an Talent für die Magie gegeben war, fehlte ihr an Umgang mit anderen Personen. Insgesamt wirkte sie sehr zurückhaltend und still, das sogar soweit ging, dass sie sich an die seltsamsten Orte verzog. Zum einem wollte sie einfach nur ihre Ruhe haben, aber andersseits wollte sich auch nicht erwischt werden, wenn sie sich an den verschiedensten Zaubern ausprobierte. Ihre Eltern mussten sie deshalb oftmals suchen und auch in den abgelegensten Ecken nachsehen. Als sie das erste Mal mit in den Tempel genommen wurde, war sie fasziniert von den vielen Büchern in der Bibliothek. Diese riesige Ansammlung von Literatur wartete geradezu darauf von ihr studiert zu werden. Alles andere im Tempel war für Créer nebensächlich. Hatte sie erst einmal ein Buch, verzog sie sich damit in eine ruhige Ecke und lass es. Kein Geräusch und kein Rufen konnte sie davon abhalten. Mit fortschreitendem Alter schreckte sie nicht einmal mehr davor zurück in die Wüste zu fliehen, nur um ihr Buch in Ruhe lesen zu können. Als Créer bereits 9 Jahre alt war, musste das Schutzschild von Bastet erneuerst werden. Dieses geschah nur alle 50 Jahre und bedurfte einer Menge Kraftaufwand. Hierzu wurden immer fünf Priester des Tempels ausgewählt und der Schutzzauber bedurfte einer Menge Vorbereitung, was bei dieser Größe des Schutzzaubers nicht verwunderlich war. Jeder dieser fünf Ausführenden stammte aus einer langen Generation von starken Priestern, um eine möglichst starke Effizienz bei der Ausführung des Zaubers zu erzielen. Créers Eltern wurden beide auserwählt, was eine große Ehre war, die einem zumeist, wenn überhaupt, ein einziges Mal im Leben zu Teil wurde. Neben diesen beiden beteiligte sich auch Menefer selbst sowie ein weiterer Priester und eine Priesterin an diesem Ritual. Es war bereits alles vorbereitet, doch die eine Priesterin fehlte. Unglücklicher Weise war diese erkrankt und außer Stande ihre Kräfte zu mobilisieren, um das neue Schutzschild herzustellen. Es gab auch keinen Priester, der sie hätte ersetzen können - niemanden mit so starken Wurzeln, niemanden mit ihren Kräften -. Amina, Créers Mutter, machte dann dem Tempelführer den Vorschlag Créer als Ersatz zu nehmen. Sie war der festen Überzeugung, dass Créer dazu in der Lage war. Siad hingegen stand dem skeptisch gegenüber, doch Amina biss sich in diesem Gedanken fest. Unnachgiebig überredete sie Menefer, der notgedrungen entschied die junge Créer als Ersatz einspringen zu lassen. Sie war die Einzige mit den nötigen Kenntnissen und den nötigen Kräften, um diesen Zauber erfolgreich auszuführen und er vertraute auf Aminas Urteil. Es war eine außerordentliche Ehre, aber auch eine Bürde, denn das Wohlergehen des Reiches Bastet könnte davon abhängen. Außerdem war sie somit die Erste so junge und nicht eingestellte Priesterin, die jemals an diesem Schutzschild sich beteiligt hatte. Überraschender Weise führte Créer diese Aufgabe hervorragend aus und es entstand eines der stärksten Schutzschilde, die Bastet jemals hatte. Créers Eltern waren sehr naturverbunden und lernten sich über ihre Arbeit als Priester kennen. Schon seit Generationen dienten auch ihre Vorfahren als Priester im Tempel der göttlichen Dreiheit. Amina war zudem durch ihren starken Glauben geprägt. Wie auch Créer studierten sie intensiv die Bücher, machten wenig Pausen, aber gingen auch voller Überzeugung ihrer Arbeit nach. Siad entwarf neue Zauber, schrieb diese in seinen Büchern und Schriftrollen nieder. Genauso wie es einst sein Vater tat und auch dessen Vater, um nützliche Zauber für die Priester beizusteuern. Diese Schriften wurden von Generation zu Generation weitergeben. Gewissenhaft stellte Siad die Schriften ebenso als öffentliches Wissen im Tempel zur Verfügung. Ihre beiden Eltern lehrten Créer viel über die Hexerei, wobei sie die Naturverbundenheit immer besonders in den Vordergrund stellten. Um Créer diese in besonderem Maße näher zu bringen, gingen sie schon früh oft mit ihr zusammen in die Wüste, damit sie ihr Wissen nicht nur aus den Büchern zog. Auch wenn Pflanzen und Lebewesen in der Wüste mit dem bloßen Auge nicht erkennbar waren, existierte Leben wie ebenso die Naturmagie auch hier. Denn diese war überall. Bedauerlicher Weise wurde Amina nach Créers Geburt sehr krank, ließ sich aber nicht behandeln. Ihr starker Glaube wies ihr den Weg und wenn es von den Göttern so vorgesehen war, dann würde sie ihre Krankheit und ihren ggf. frühzeitigen Tod akzeptieren. Schließlich war es der Wille der Götter und man musste der Natur ihren Lauf lassen. Immer wieder litt sie an gelegentlichen Schmerzen, die sie lediglich mit schmerzlindernden Tränken behandelte. Jegliche andere heilende Hilfe lehnte sie ab. Kurze Zeit nachdem das neue Schutzschild errichtet worden war, zog sich Amina von ihrer Arbeit als Priesterin zurück. Die Schmerzen wurden zunehmend schlimmer und ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich. Immer mehr Zeit verbrachte sie im Bett, Créer leistete ihr Zeitweise Gesellschaft und sie stellten zusammen kleine Armbänder her. Da ihre Mutter nicht mehr dazu in der Lage war sich um ihre Aufgaben im Haus zu kümmern, übernahm Créer das mehr und mehr. Sie tat alles um ihre Mutter zu entlasten. Bereits ein Jahr später verstarb Amina an den Folgen ihrer Krankheit. Créer war erschüttert nach dem Tod ihrer Mutter. Trauer und Wut mischten sich, die Wunde in ihrem Herzen war tief und alles nur, weil Amina sich nicht helfen lassen wollte. In Créers Augen hatten ihr Glaube sie umgebracht. Schon zuvor hatte sie kein großes Interesse an den Gottheiten gehabt, nur wurde dieses Gefühl zu einem tiefen Groll. Ein Hass geschürt aus tiefer Trauer, Verzweiflung und dem Irrglauben ihrer Mutter. Siad hatte hingegen Verständnis für die Entscheidung seiner Frau gehabt, die ihr Leben lang aus tiefster Überzeugung sich dem Willen der Natur und den Göttern gebeugt hatte. Durch diesen Vorfall entschied sich Créer nicht als Priesterin den Göttern zu dienen und vergrub sich noch mehr in ihre Bücher, als sie es ohnehin schon vorher getan hatte. Ihr Vater verstand Créers Gründe, hatte aber dennoch die Hoffnung, dass sie sich mit der Zeit umentscheiden würde. Sie müsste nur erst einmal ihre Trauer verarbeiten und würde dann, so wie es üblich war als Kind zweier Priester, ebenfalls Priesterin werden. Siad nahm seine Tochter somit weiterhin mit in den Tempel, wo sie die meiste Zeit mit der verschiedenen Literatur über Hexerei verbrachte, bis ihr Vater mit arbeiten fertig war. Auch übernahm Créer weiterhin Pflichten im Haushalt und wechselte sich mit ihrem Vater beim Kochen ab. Menefer bot ihr mit 12 Jahren das erste Mal an als Priesterin im Tempel zu arbeiten, aber das lehnte sie ab. Siad machte sich deswegen jedoch noch keine Sorgen. Sie könnte immer noch später mit ihrer Arbeit als Priesterin anfangen. Mit der Zeit wurde das Verhältnis zwischen Créer und ihrem Vater immer schlechter, es war still geworden. Immer mehr wand sich Créer ab, lernte für sich und weigerte sich schließlich mit in den Tempel zu gehen. Siad starb schließlich, eines morgens wachte er nicht mehr auf. Das war nicht ungewöhnlich, zu damaliger Zeit wurden die Leute nicht so alt und mit 35 Jahren hatte er ein normales Alter erreicht. Créer folgte Menefer durch den Gebetsraum in den hinteren Bereich zu Treppe und hinab zur Bibliothek. Noch immer kannte sie sich dort gut aus und ließ ihren Blick kurz schweifen. „Ich brauche nur einen Moment“, erklärte sie, während sie zu den Regalen ging und die Bücher heraussuchte. Diese beinhalteten nicht nur das Wissen ihres Vaters, sondern auch dessen Eltern und Vorfahren, die ebenfalls der Tätigkeit als Priester nachgingen. Da Créer diesen Beruf nicht ausübte, war es ihr nicht gestattet sie einfach zu nehmen ohne triftigen Grund. Die Bücher jedoch als Grabbeigabe ihrem Vater auf dem Weg ins Jenseits mitzugeben, war einer dieser Gründe. Menefer nutzte den Moment, um noch etwas mit Créer zu sprechen: „Dein Vater hätte sicher gewollt, dass du als Priesterin im Tempel arbeitest und ich würde es auch sehr schätzen. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Créer. Willst du nicht doch als Priesterin anfangen?“ Erneut musste sie sich zu einem Lächeln durchringen und versuchte sich nichts anmerken zu lassen: „Vielen Dank für das Angebot, Menefer. Ich werde es mir überlegen. Aber erst einmal möchte ich sehen, ob ich nicht eine andere Tätigkeit finde, die vielleicht etwas besser bezahlt ist.“ Sie zog die Bücher aus dem Regal heraus: „Aber danke, ich weiß das zu schätzen.“ Schon öfter hatte Créer in den letzten Jahren diese Frage von ihrem Vater gestellt bekommen und es immer abgelehnt. Nun wo ihr Vater tot war und ihr wenig Geld geblieben war, müsste sie wohl wirklich über diese Möglichkeit nachdenken. Allerdings war es absolut nicht das, was sie wollte und sie hoffte auf eine andere Beschäftigung mit der sie ihren Lebensunterhalt verdienen könnte. Obwohl sie natürlich über alle Voraussetzungen als Priesterin des Tempels verfügte: Sie beherrschte Hexerei, sogar weit über die Grundsätze hinaus, kannte den Maga Codex, verfügte über allgemeines Wissen in Kräuterkunde, Wundheilung, Schutzzauber, Bannzauber, der Lösung von Flüchen, der Ausführung der Riten und teilweise darüber hinaus. Auch wusste sie alles über die täglichen Reinigungen oder vor Beerdigungen, Geburten uvm. Zudem hatte sie bereits ihre Körperbemalung, welche sie als Priesterin auswies. Diese stand für die Verbundenheit mit der Natur, aber auch den Fluss der Magie durch den Körper, weswegen diese sich über den ganzen Körper zieht. Und doch erinnerte die Bemalung Créer nicht nur an ihren vorgesehenen Status, sondern auch an ihre Mutter. Es war üblich, dass die Mütter ihre Töchter bemalten und Väter ihre Söhne. Nur wenn kein Elternteil zur Verfügung stehen sollte, übernahm das der Tempelführer. Jede Familie hatte dabei ihre eigenen speziellen und künstlerischen Zierden, wodurch die Körperbemalungen der Priester sich unterschieden. Die Farbe wurde speziell vom Tempelführer angerührt und in einer Zeremonie im Tempel aufgetragen. „Es sollte dir wirklich nicht um das Geld gehen. Du bist als Priesterin geboren worden und hast ein wirklich außergewöhnliches Talent. Bitte denke gründlich darüber nach“, versuchte Menefer sie erneut zu überreden, während er sie zum Eingang des Tempels geleitete. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete sich Créer von ihm ohne weiter auf seine Bitte einzugehen. Während sie den Weg nach Hause antrat, entging ihr das Getuschel auf der Straße nicht. Mehrere Leute versammelten sich an einem Platz und Créer gesellte sich neugierig dazu. Auf einem Podest stand ein Kater mit einer Papyrusrolle in den Händen und verkündete deutlich hörbar: „Unser gepriesener Pharao lässt verlauten, dass alle Hexen, die Interesse an einer Stelle als Priesterin im Palast haben, sich bis morgen bei Mittagssonne im Palast versammeln sollen. Die Bezahlung ist verhandelbar.“ Wildes Getuschel brach erneut aus, Mutmaßungen darüber, wozu der Pharao eine Priesterin im Palast brauchte, wurden angestellt und was für eine Priesterin er wohl aussuchen würde. Währenddessen lief Créer nachdenklich nach Hause. Vielleicht war das der Job, auf den sie gewartet hatte. Dennoch war sie sehr im Zwiespalt mich sich selbst, da sie eigentlich keine Priesterarbeit machen wollte. Zuhause angekommen, legte sie die Bücher auf den Schreibtisch im ehemaligen Arbeitszimmer ihres Vaters ab. Den Korb mit den Äpfeln brachte sie in den Ess- und Kochbereich ohne diese weiter auszupacken. Stattdessen kehrte sie ins Arbeitszimmer zurück und griff sich direkt wieder das oberste Buch. Siads Arbeitszimmer war mit Papyrus und Büchern überhäuft, es war das reinste Chaos. Créer hatte es einfach gelassen wir es war und kaum angefasst. Sie setzte sich mit dem Buch hin und schlug es auf. Eigentlich durfte sie das nicht und ihre Aussage es als Grabbeigabe zu benötigen, war schlicht weg gelogen. Sie hatte keine andere Möglichkeit gehabt, um an die Bücher heran zu kommen. Es war einfach nur eine Ausrede gewesen. Neugierig begann sie die Seiten umzublättern, sich Notizen anzusehen und so mehr über Hexerei zu lernen. Neben vielen nützlichen Zaubern, schrieben Priester auch Flüche auf. Nicht etwa um sie auszuführen, sondern wichtiges über sie zu lernen und sie somit abwehren und möglichst effektiv auflösen zu können. Auch wenn ihre Neugierde groß war, richtig konzentrieren konnte sie sich dennoch nicht. Sie überlegte hin und her wegen des Jobangebots des Pharaos. Das könnte ihre Chance sein und mit etwas Glück brauchte er eine Priesterin in einem Bereich, in dem sie nicht großartig den Glauben ausleben musste. Wer konnte das schon sagen? Sie entschloss für sich, es sich wenigstens einmal anzuhören. Ablehnen könnte sie es immer noch.

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Prolog Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, die Hitze des Tages hatte Ihren Höhepunkt und dennoch waren die Straßen von Bastet belebt. Man ging geschäftig seinem Alltag nach, sah zu das Geld zu verdienen, welches für die Familie nötig war. Die ärmere Arbeiterklasse machte den Großteil der Bevölkerung in der Stadt aus, dennoch hatten sie kein schlechtes Leben. Hexer, Hexen und Nicht-Magische leben dort friedlich nebeneinander, doch das war nicht immer so. Das Land Deserta existierte zwar schon seit Jahrtausenden, wurde aber lediglich von Nomaden mit kurzzeitigen Perioden der Niederlassung besiedelt. Erst im letzten Jahrtausend kamen Hexer, Hexen und Gewöhnliche aus dem Kontinent Portunus herüber nach Fidius, dem Wüstenkontinent. Ihnen war bewusst, dass das Leben dort nicht einfach werden würde. Dennoch versuchten sie ihr Glück, flohen aus dem ständigen Krieg zwischen weißen und schwarzen Magiern, der Bedrohung durch feindselige Hexer und Hexen und den Zwist, der zwischen Gewöhnlichen und Magischen herrschte. Neben Bastet bildeten sich vier weitere große Städte: Harena, Sandyx, Ebur und Excetra. Der Handel zwischen den fünf Städten blühte, doch das war nicht immer so. Ein dunkler Schatten lag auch über diesem Reich, den die Pharaonen selbst bezwingen mussten, ganz ohne die göttliche Dreiheit. Die Desertaner hatten dennoch einen festen Glauben an sie, befolgten ihre Gesetze und denen des Pharaos, welcher ebenfalls als Gott verehrt wurde. Unter all den Leuten auf der Straße war auch eine junge Hexe unterwegs, ihre Körperbemalung zeichnete sie als Priesterin aus, welche sie bereits im Alter von 7 Jahren erhalten hatte. Dennoch hatte sie niemals begonnen als Priesterin im Tempel zu arbeiten. Es war kein Leben, dass sie sich wünschte, auch wenn ihr kürzlich verstorbener Vater sie gerne in dieser Tätigkeit gesehen hätte. Respektvoll begegneten ihr die anderen Leute, immer versuchte sie höflich zu bleiben, nicht aufzufallen. Viel lieber zog sie sich in die Wüste zurück und übte heimlich ihre Hexerei aus, ohne Einschränkungen, ohne Tribut an die Götter zu zollen. Götter - sie glaubte an keine Götter und hielt sie auch nicht für allmächtig. Doch so konnte sie nicht weiter machen, denn von dem wenigen Geld das ihr von ihrem Vater geblieben war, konnte sie nicht lange leben. Eine Heirat kam für Créer* auch nicht in Frage, auch wenn sie bereits 18 Jahre alt war und für damalige Verhältnisse spät dran. Eine Woche nach dem Tod ihres Vaters. Achte die Regeln der Hexerei - beschlossen und gehütet vom Hexerdreieck. Sonst wird es dein Schaden sein. Kapitel 1 - Zum Priesterleben verflucht Créer war auf dem Weg zum Tempel, um noch die verbliebenen Bücher ihres verstorbenen Vaters abzuholen. Es war ein hektisches Treiben auf den Straßen, Kinder liefen spielend herum, während die meisten Leute bei den Markständen für ihren täglichen Bedarf einkauften. Die Stände wurden dabei laufend mit Waren versorgt, wobei Wägen durch die Straßen gezogen wurden. Die Leute waren das gewohnt und dennoch war es kein unerheblicher Kraftaufwand einen voll beladenen Wagen durch die belebte Straße zu ziehen. Zwischen den Geräuschen und Stimmen, erhob sich auch immer wieder ein lautes Rufen von den Verkäufern, die ihre Ware anpriesen und jeder die beste Ware und die besten Preise anbieten wollte. Auch Créer musste noch einkaufen, daher trug sie einen Korb bei sich und blickte immer wieder zu den Marktständen, wobei sie Ware, als auch Preise verglich. Viel Geld war ihr nicht geblieben und sie musste damit solange auskommen, bis sie eine geeignete Arbeit für sich gefunden hätte. Ihr dunkelgraues Fell mit der hellgrauen Körperbemalung wurde von einem langen cremeweißen Kleid bedeckt, welches aus dünnem leichtdurchsichtigem Stoff bestand. Einen langen, ebenfalls dünnen hell-olivgelben Schal trug sie um den Hals, während ihre Füße lediglich braune Ledersandalen trugen. Der dünne Stoff ließ genug Luft an den Körper, was bei den Temperaturen auf Fidius nötig war. Abgesehen von ihren zwei goldenen Ohrringen trug Créer keinen Schmuck, was sie allerdings schon in einer höheren Stellung auswies. Während die normalen Arbeiter in der Regel gar keinen Schmuck trugen, hatten die Pharaonen prachtvolle Ketten, Armbänder und mehr. Die Männer trugen meist lediglich einen Lendenschurz, welcher je nach Aufmachung auf die jeweilige Stellung zusätzlich hinwies. Dennoch war das keine Pflicht und der Oberkörper konnte je nach eigenem Wohlgefühl ebenfalls eingekleidet werden. Einer der Verkäufer sprach Créer an, als sie sich an seinem Stand umschaute: „Verehrte Kundin, was kann ich euch von meiner bescheidenen Ware anbieten?“ Anhand ihrer Priesterbemalung hatte er sie als solche erkannt und wollte ihr alle Ehre erweisen. Priesterinnen waren sehr hoch angesehen und wurden dadurch bevorzugt behandelt. Créer reichte ihm den Korb herüber, wo er sie nun eh schon angesprochen hatte: „Fühlt ihn mit einigen Äpfeln.“ Ohne zu zögern begann der Verkäufer die schönsten Äpfel auf seinem Angebot in ihren Korb zu packen: „Ihr seid eine Priesterin, ich werde euch an besonderes Angebot machen. Ihr braucht lediglich 6 Münzen zahlen.“ Eigentlich wollte Créer gar nicht weniger zahlen, dieses Verhalten ging ihr auf die Nerven. Natürlich könnte sie daran sparen, gerade wo sie so wenig Geld zur Verfügung hatte und doch störte es sie: „Das ist wirklich freundlich von Ihnen.“ Ablehnen konnte sie es dennoch nicht und versucht sich ihren Unmut darüber nicht anmerken zu lassen. Es wurde nicht gerne gesehen, wenn eine Priesterin ihren Aufgaben nicht nachging oder sie sich nicht angemessen verhielt. Freudig darüber einer Priesterin so ein gutes Angebot gemacht zu haben, schob er Créer den Korb herüber. Sie nahm diesen an sich und zahlte die verlangten sechs Münzen, was viel zu wenig war. Für die Anzahl an Äpfeln hätte er mindestens das Doppelte verlangen können. „Möge die göttliche Dreiheit mit euch sein“, fügte er noch hinzu. Wie oft Créer diesen Satz schon gehört hatte und wie sehr sie es doch hasste: „Mit euch auch.“ Gezwungen lächelte sie ihn an, versuchte sich nichts anmerken zu lassen und setzte dann mit ihrem Korb den Weg zum Tempel fort. Die Äpfel rollten etwas im Korb herum, während Créer sich weiter durch die Straßen drängte. Seit dem Tod ihres Vaters kochte sie nicht mehr, zu sehr erinnerte es sie an das Familiäre, was sie nicht mehr hatte. So alleine war es wie ein tiefer Stich im Herzen, auch wenn sie zuletzt das Verhältnis zu ihrem Vater immer distanzierter geworden war. Somit beschränkte sie ihr essen lieber auf Früchte, um nicht noch mehr unter dem Verlust zu leiden. Wie gerne würde sich an einem Ort leben, wo sie in aller Ruhe ihre Hexerei ausüben könnte, Dinge erschaffen und ihre Kräfte austesten könnte. Aber solange sie in Bastet blieb, konnte sie das nur tun, wenn sie sich in die Wüste schlich und unbemerkt von anderen hexte. Kaum erreichte Créer den großen Platz vor dem Tempel, erblickte sie die Statuen der göttlichen Dreiheit vor dem Tempeleingang. In der Mitte wurde der Erste dargestellt, ein Schakal, welcher mit strengem Blick über den Platz schaute. Seine Kleidung war untypisch für das Volk von Deserta. Er trug eine gewöhnliche Hose, ein Hemd, geschlossene Schuhe und mehrere Armbänder am rechten Arm, die jedoch eher so wirkten, als wären sie aus Leder oder ähnlichem. Die rechte Statue zeigte einen Fuchs, welcher neutral und dennoch urteilend wirkte. Es handelte sich um den Zweiten, dessen Kleidung ebenfalls nicht aus dieser Gegend stammte. Auch er trug Hemd, Hose und entsprechende Schuhe. Statt den Armbändern zierte sein Hals eine längere Kette, an dessen Ende ein Beutel hing. Links wurde der Dritte präsentiert, dessen Blick eher weich war und dennoch wirkte er durch den knöchernen Ast in seiner rechten Hand, der ihm als Stab diente, wie ein wachsamer Beobachter. Mit seiner Kleidung unterschied er sich von den anderen beiden und doch war es auch keine Kleidung aus Deserta. Sein Oberkörper war frei, Hose und Schuhe wirkten abgenutzter. Als Einziger der göttlichen Dreiheit trug er Handschuhe, wo die Fingerkuppen schon herausschauten. Im linken Ohr hatte er drei Ohrstecker und zwei Kreolen, im Rechten waren es vier Ohrstecker und ein Ohrring mit zwei Federn daran. Außerdem trug er eine Kette um den Hals mit drei kleinen Tierknochen daran. Alle drei Statuen waren aus weißem Granit, sowie der Tempel und der gesamte Platz davor. Zwischen der rechten und der mittleren, sowie der linken und mittleren Statue waren jeweils ein Eingang, welche in den Tempel führten. Créer lief an der Statue des Zweiten vorbei und betrat den Tempel. Der Gebetsraum war das Herzstück des Tempels, geziert von acht Säulen, wovon jeweils vier rechts und vier links standen. Diese waren, wie die Wände des Raumes, mit Hieroglyphen und bildlichen Darstellungen versehen. Im Zentrum des Gebetsraumes stand eine breite, trapezförmige Säule dessen breite Kante zum Eingang zeigte. Zu den Füßen dieser befand sich ein Altar, geschmückt und gedeckt mit Opfergaben, wie Obst, Honig, Wein, süße Brote und vieles mehr. Die Opfergaben wurden für die göttliche Dreiheit niedergelegt, um diese wohlwollend zu stimmen. Die große Säule dahinter war wie die anderen Säulen mit Hieroglyphen versehen und erzählte die Geschichte über die Entstehung der Hexerei. Dieser Überlieferung nach erschuf die göttliche Dreiheit die Naturmagie und legte ihre Regeln und Gebräuche fest. Princeps, der Erste der göttlichen Dreiheit, wurde als strenger Richter über jede, die es wagten sich diesen festen Regeln zu widersetzen, dargestellt. Aber auch als weiser und rechtschaffender Gott, welcher die Folgsamen und Gutmütigen belohnte. Der Zweite, Secundus, hingegen wurde als gerechter und friedlicher Schlichter hervorgehoben. Als nachdenklicher und ruhebringender Gott, soll er für das Verständnis zwischen den Pharaonen sorgen, aber auch Bewahrer von Streitigkeiten innerhalb des Volkes, der Familie und der Händler. Ein Schutzgott war der Dritte, Tertius. Ihm wurde zugeschrieben denen beizustehen, die Not litten und die zu beschützen, welche Schutz benötigten. Er wurde als gütig und verständnisvoller Gott dargestellt. Alle zusammen konnten sie mit ihren Kräften die Ernte, das Wetter und vieles mehr beeinflussen. Die Regeln der Hexerei waren dort ebenfalls verewigt, der sogenannte Maga Codex. Neben dem Gebetsraum gab es rechts die Baderäume für die Priester und links das Arbeitszimmer des Tempelführers sowie den Medizinraum. Durchschritt man den Gebetsraum bis zum Ende, gelangte man zu einer Treppe, die hinab zur Bibliothek führte, welche gleichzeitig als Arbeitszimmer für alle anderen Priester diente. In allen Räumen gab es große Kerzenständer auf denen mehrere Kerzen Platz hatten und durch ihr Licht den Tempel erhellten. Diese wurden von den Priestern mittels Hexerei entzündet. Créer ließ ihren Blick durch den Raum wandern, atmete die Luft ein, welche einen starken Weihrauchgeruch hatte und machte sich auf den Weg zum Arbeitszimmer des Tempelführers. Nicht ohne die Aufmerksamkeit der anderen Priesterinnen im Gebetsraum zu entgehen, die direkt begannen unschön über sie zu tuscheln. Créer gab ihnen dafür auch mehr als genug Grund, denn in ihrem Alter weder verheiratet zu sein, noch eine Arbeit auszuführen, war ein absolutes Sakrileg. Zusätzlich spielte eine Menge Eifersucht ebenfalls eine Rolle, da Créer bereits in jungen Jahren ungewöhnlich talentiert gewesen war und sogar schon damals ihren Teil beim Schutzzauber für die Stadt beigesteuert hat. Noch während die anderen Priesterinnen hinter ihrem Rücken tuschelten, betrat Créer das Arbeitszimmer des Tempelführers und begrüßte ihn mit einem dezenten Nicken: „Guten Morgen Menefer.“ Der ältere Kater saß gerade an seinem Schreibtisch und blickte freudig auf, als er Créers Stimme vernahm: „Guten Morgen Créer, ich freue mich dich zu sehen. Was führt dich in den Tempel?“ Sein einst kräftiges braunes Fell ging langsam ins grau über, ein langer Bart zierte sein Äußeres und verlieh ihm einen besondere Ausstrahlung der Lebensweisheit. Als Tempelführer trug er ein längeres, helles Gewand aus Leinen mit Verzierungen bestickt. Während er sich von seinem Platz erhob klimperten seine Armreife, die neben einigen Ringen seine Hand zierten. Er griff nach seinem Gehstock, der durch seine Länge auch gut als Stab dienen könnte. „Ich möchte lediglich die Bücher meines Vaters holen, um sie seinem Grab beizulegen“, entgegnete ihm Créer, was Menefer einen Moment traurig stimmte. Er selbst war um einiges Älter als ihr Vater es gewesen war, wobei Menefers Alter ohnehin ungewöhnlich war: „Mein herzliches Beileid. Siad war ein wirklich außergewöhnlich talentierter Priester und guter Freund. Genauso wie deine Mutter. Du hast ihr Talent geerbt. Komm, gehen wir erst einmal die Bücher holen.“ Créer zwang sich zu seinem Lächeln: „Ja, bitte.“ So oft hatte sie schon von ihm gehört, wie talentiert ihre Eltern doch gewesen war und wie talentiert sie selbst war. Auch wusste sie, wohin dieses Gespräch führen würde und dass er es doch nur gut meinte. Créer hatte schon von Geburt an eine besondere Veranlagung für die Hexerei. Bereits in jungen Jahren entdeckte sie ihre Begeisterung für die Naturmagie, allerdings lag diese eher im Entdecken und Erschaffen neuer Dinge und nicht zur Huldigung von Pharaonen und Göttern. Sie fühlte sich immer gezwungen dieser Tradition folge leisten zu müssen und wurde auch entsprechend ausgebildet. Dennoch war sie sehr lernbegeistert bei allem rund um die Hexerei. Kaum das sie lesen konnte, zog sie sich ein Buch nach dem anderen zu Gemüte. Was Créer an Talent für die Magie gegeben war, fehlte ihr an Umgang mit anderen Personen. Insgesamt wirkte sie sehr zurückhaltend und still, das sogar soweit ging, dass sie sich an die seltsamsten Orte verzog. Zum einem wollte sie einfach nur ihre Ruhe haben, aber andersseits wollte sich auch nicht erwischt werden, wenn sie sich an den verschiedensten Zaubern ausprobierte. Ihre Eltern mussten sie deshalb oftmals suchen und auch in den abgelegensten Ecken nachsehen. Als sie das erste Mal mit in den Tempel genommen wurde, war sie fasziniert von den vielen Büchern in der Bibliothek. Diese riesige Ansammlung von Literatur wartete geradezu darauf von ihr studiert zu werden. Alles andere im Tempel war für Créer nebensächlich. Hatte sie erst einmal ein Buch, verzog sie sich damit in eine ruhige Ecke und lass es. Kein Geräusch und kein Rufen konnte sie davon abhalten. Mit fortschreitendem Alter schreckte sie nicht einmal mehr davor zurück in die Wüste zu fliehen, nur um ihr Buch in Ruhe lesen zu können. Als Créer bereits 9 Jahre alt war, musste das Schutzschild von Bastet erneuerst werden. Dieses geschah nur alle 50 Jahre und bedurfte einer Menge Kraftaufwand. Hierzu wurden immer fünf Priester des Tempels ausgewählt und der Schutzzauber bedurfte einer Menge Vorbereitung, was bei dieser Größe des Schutzzaubers nicht verwunderlich war. Jeder dieser fünf Ausführenden stammte aus einer langen Generation von starken Priestern, um eine möglichst starke Effizienz bei der Ausführung des Zaubers zu erzielen. Créers Eltern wurden beide auserwählt, was eine große Ehre war, die einem zumeist, wenn überhaupt, ein einziges Mal im Leben zu Teil wurde. Neben diesen beiden beteiligte sich auch Menefer selbst sowie ein weiterer Priester und eine Priesterin an diesem Ritual. Es war bereits alles vorbereitet, doch die eine Priesterin fehlte. Unglücklicher Weise war diese erkrankt und außer Stande ihre Kräfte zu mobilisieren, um das neue Schutzschild herzustellen. Es gab auch keinen Priester, der sie hätte ersetzen können - niemanden mit so starken Wurzeln, niemanden mit ihren Kräften -. Amina, Créers Mutter, machte dann dem Tempelführer den Vorschlag Créer als Ersatz zu nehmen. Sie war der festen Überzeugung, dass Créer dazu in der Lage war. Siad hingegen stand dem skeptisch gegenüber, doch Amina biss sich in diesem Gedanken fest. Unnachgiebig überredete sie Menefer, der notgedrungen entschied die junge Créer als Ersatz einspringen zu lassen. Sie war die Einzige mit den nötigen Kenntnissen und den nötigen Kräften, um diesen Zauber erfolgreich auszuführen und er vertraute auf Aminas Urteil. Es war eine außerordentliche Ehre, aber auch eine Bürde, denn das Wohlergehen des Reiches Bastet könnte davon abhängen. Außerdem war sie somit die Erste so junge und nicht eingestellte Priesterin, die jemals an diesem Schutzschild sich beteiligt hatte. Überraschender Weise führte Créer diese Aufgabe hervorragend aus und es entstand eines der stärksten Schutzschilde, die Bastet jemals hatte. Créers Eltern waren sehr naturverbunden und lernten sich über ihre Arbeit als Priester kennen. Schon seit Generationen dienten auch ihre Vorfahren als Priester im Tempel der göttlichen Dreiheit. Amina war zudem durch ihren starken Glauben geprägt. Wie auch Créer studierten sie intensiv die Bücher, machten wenig Pausen, aber gingen auch voller Überzeugung ihrer Arbeit nach. Siad entwarf neue Zauber, schrieb diese in seinen Büchern und Schriftrollen nieder. Genauso wie es einst sein Vater tat und auch dessen Vater, um nützliche Zauber für die Priester beizusteuern. Diese Schriften wurden von Generation zu Generation weitergeben. Gewissenhaft stellte Siad die Schriften ebenso als öffentliches Wissen im Tempel zur Verfügung. Ihre beiden Eltern lehrten Créer viel über die Hexerei, wobei sie die Naturverbundenheit immer besonders in den Vordergrund stellten. Um Créer diese in besonderem Maße näher zu bringen, gingen sie schon früh oft mit ihr zusammen in die Wüste, damit sie ihr Wissen nicht nur aus den Büchern zog. Auch wenn Pflanzen und Lebewesen in der Wüste mit dem bloßen Auge nicht erkennbar waren, existierte Leben wie ebenso die Naturmagie auch hier. Denn diese war überall. Bedauerlicher Weise wurde Amina nach Créers Geburt sehr krank, ließ sich aber nicht behandeln. Ihr starker Glaube wies ihr den Weg und wenn es von den Göttern so vorgesehen war, dann würde sie ihre Krankheit und ihren ggf. frühzeitigen Tod akzeptieren. Schließlich war es der Wille der Götter und man musste der Natur ihren Lauf lassen. Immer wieder litt sie an gelegentlichen Schmerzen, die sie lediglich mit schmerzlindernden Tränken behandelte. Jegliche andere heilende Hilfe lehnte sie ab. Kurze Zeit nachdem das neue Schutzschild errichtet worden war, zog sich Amina von ihrer Arbeit als Priesterin zurück. Die Schmerzen wurden zunehmend schlimmer und ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich. Immer mehr Zeit verbrachte sie im Bett, Créer leistete ihr Zeitweise Gesellschaft und sie stellten zusammen kleine Armbänder her. Da ihre Mutter nicht mehr dazu in der Lage war sich um ihre Aufgaben im Haus zu kümmern, übernahm Créer das mehr und mehr. Sie tat alles um ihre Mutter zu entlasten. Bereits ein Jahr später verstarb Amina an den Folgen ihrer Krankheit. Créer war erschüttert nach dem Tod ihrer Mutter. Trauer und Wut mischten sich, die Wunde in ihrem Herzen war tief und alles nur, weil Amina sich nicht helfen lassen wollte. In Créers Augen hatten ihr Glaube sie umgebracht. Schon zuvor hatte sie kein großes Interesse an den Gottheiten gehabt, nur wurde dieses Gefühl zu einem tiefen Groll. Ein Hass geschürt aus tiefer Trauer, Verzweiflung und dem Irrglauben ihrer Mutter. Siad hatte hingegen Verständnis für die Entscheidung seiner Frau gehabt, die ihr Leben lang aus tiefster Überzeugung sich dem Willen der Natur und den Göttern gebeugt hatte. Durch diesen Vorfall entschied sich Créer nicht als Priesterin den Göttern zu dienen und vergrub sich noch mehr in ihre Bücher, als sie es ohnehin schon vorher getan hatte. Ihr Vater verstand Créers Gründe, hatte aber dennoch die Hoffnung, dass sie sich mit der Zeit umentscheiden würde. Sie müsste nur erst einmal ihre Trauer verarbeiten und würde dann, so wie es üblich war als Kind zweier Priester, ebenfalls Priesterin werden. Siad nahm seine Tochter somit weiterhin mit in den Tempel, wo sie die meiste Zeit mit der verschiedenen Literatur über Hexerei verbrachte, bis ihr Vater mit arbeiten fertig war. Auch übernahm Créer weiterhin Pflichten im Haushalt und wechselte sich mit ihrem Vater beim Kochen ab. Menefer bot ihr mit 12 Jahren das erste Mal an als Priesterin im Tempel zu arbeiten, aber das lehnte sie ab. Siad machte sich deswegen jedoch noch keine Sorgen. Sie könnte immer noch später mit ihrer Arbeit als Priesterin anfangen. Mit der Zeit wurde das Verhältnis zwischen Créer und ihrem Vater immer schlechter, es war still geworden. Immer mehr wand sich Créer ab, lernte für sich und weigerte sich schließlich mit in den Tempel zu gehen. Siad starb schließlich, eines morgens wachte er nicht mehr auf. Das war nicht ungewöhnlich, zu damaliger Zeit wurden die Leute nicht so alt und mit 35 Jahren hatte er ein normales Alter erreicht. Créer folgte Menefer durch den Gebetsraum in den hinteren Bereich zu Treppe und hinab zur Bibliothek. Noch immer kannte sie sich dort gut aus und ließ ihren Blick kurz schweifen. „Ich brauche nur einen Moment“, erklärte sie, während sie zu den Regalen ging und die Bücher heraussuchte. Diese beinhalteten nicht nur das Wissen ihres Vaters, sondern auch dessen Eltern und Vorfahren, die ebenfalls der Tätigkeit als Priester nachgingen. Da Créer diesen Beruf nicht ausübte, war es ihr nicht gestattet sie einfach zu nehmen ohne triftigen Grund. Die Bücher jedoch als Grabbeigabe ihrem Vater auf dem Weg ins Jenseits mitzugeben, war einer dieser Gründe. Menefer nutzte den Moment, um noch etwas mit Créer zu sprechen: „Dein Vater hätte sicher gewollt, dass du als Priesterin im Tempel arbeitest und ich würde es auch sehr schätzen. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Créer. Willst du nicht doch als Priesterin anfangen?“ Erneut musste sie sich zu einem Lächeln durchringen und versuchte sich nichts anmerken zu lassen: „Vielen Dank für das Angebot, Menefer. Ich werde es mir überlegen. Aber erst einmal möchte ich sehen, ob ich nicht eine andere Tätigkeit finde, die vielleicht etwas besser bezahlt ist.“ Sie zog die Bücher aus dem Regal heraus: „Aber danke, ich weiß das zu schätzen.“ Schon öfter hatte Créer in den letzten Jahren diese Frage von ihrem Vater gestellt bekommen und es immer abgelehnt. Nun wo ihr Vater tot war und ihr wenig Geld geblieben war, müsste sie wohl wirklich über diese Möglichkeit nachdenken. Allerdings war es absolut nicht das, was sie wollte und sie hoffte auf eine andere Beschäftigung mit der sie ihren Lebensunterhalt verdienen könnte. Obwohl sie natürlich über alle Voraussetzungen als Priesterin des Tempels verfügte: Sie beherrschte Hexerei, sogar weit über die Grundsätze hinaus, kannte den Maga Codex, verfügte über allgemeines Wissen in Kräuterkunde, Wundheilung, Schutzzauber, Bannzauber, der Lösung von Flüchen, der Ausführung der Riten und teilweise darüber hinaus. Auch wusste sie alles über die täglichen Reinigungen oder vor Beerdigungen, Geburten uvm. Zudem hatte sie bereits ihre Körperbemalung, welche sie als Priesterin auswies. Diese stand für die Verbundenheit mit der Natur, aber auch den Fluss der Magie durch den Körper, weswegen diese sich über den ganzen Körper zieht. Und doch erinnerte die Bemalung Créer nicht nur an ihren vorgesehenen Status, sondern auch an ihre Mutter. Es war üblich, dass die Mütter ihre Töchter bemalten und Väter ihre Söhne. Nur wenn kein Elternteil zur Verfügung stehen sollte, übernahm das der Tempelführer. Jede Familie hatte dabei ihre eigenen speziellen und künstlerischen Zierden, wodurch die Körperbemalungen der Priester sich unterschieden. Die Farbe wurde speziell vom Tempelführer angerührt und in einer Zeremonie im Tempel aufgetragen. „Es sollte dir wirklich nicht um das Geld gehen. Du bist als Priesterin geboren worden und hast ein wirklich außergewöhnliches Talent. Bitte denke gründlich darüber nach“, versuchte Menefer sie erneut zu überreden, während er sie zum Eingang des Tempels geleitete. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete sich Créer von ihm ohne weiter auf seine Bitte einzugehen. Während sie den Weg nach Hause antrat, entging ihr das Getuschel auf der Straße nicht. Mehrere Leute versammelten sich an einem Platz und Créer gesellte sich neugierig dazu. Auf einem Podest stand ein Kater mit einer Papyrusrolle in den Händen und verkündete deutlich hörbar: „Unser gepriesener Pharao lässt verlauten, dass alle Hexen, die Interesse an einer Stelle als Priesterin im Palast haben, sich bis morgen bei Mittagssonne im Palast versammeln sollen. Die Bezahlung ist verhandelbar.“ Wildes Getuschel brach erneut aus, Mutmaßungen darüber, wozu der Pharao eine Priesterin im Palast brauchte, wurden angestellt und was für eine Priesterin er wohl aussuchen würde. Währenddessen lief Créer nachdenklich nach Hause. Vielleicht war das der Job, auf den sie gewartet hatte. Dennoch war sie sehr im Zwiespalt mich sich selbst, da sie eigentlich keine Priesterarbeit machen wollte. Zuhause angekommen, legte sie die Bücher auf den Schreibtisch im ehemaligen Arbeitszimmer ihres Vaters ab. Den Korb mit den Äpfeln brachte sie in den Ess- und Kochbereich ohne diese weiter auszupacken. Stattdessen kehrte sie ins Arbeitszimmer zurück und griff sich direkt wieder das oberste Buch. Siads Arbeitszimmer war mit Papyrus und Büchern überhäuft, es war das reinste Chaos. Créer hatte es einfach gelassen wir es war und kaum angefasst. Sie setzte sich mit dem Buch hin und schlug es auf. Eigentlich durfte sie das nicht und ihre Aussage es als Grabbeigabe zu benötigen, war schlicht weg gelogen. Sie hatte keine andere Möglichkeit gehabt, um an die Bücher heran zu kommen. Es war einfach nur eine Ausrede gewesen. Neugierig begann sie die Seiten umzublättern, sich Notizen anzusehen und so mehr über Hexerei zu lernen. Neben vielen nützlichen Zaubern, schrieben Priester auch Flüche auf. Nicht etwa um sie auszuführen, sondern wichtiges über sie zu lernen und sie somit abwehren und möglichst effektiv auflösen zu können. Auch wenn ihre Neugierde groß war, richtig konzentrieren konnte sie sich dennoch nicht. Sie überlegte hin und her wegen des Jobangebots des Pharaos. Das könnte ihre Chance sein und mit etwas Glück brauchte er eine Priesterin in einem Bereich, in dem sie nicht großartig den Glauben ausleben musste. Wer konnte das schon sagen? Sie entschloss für sich, es sich wenigstens einmal anzuhören. Ablehnen könnte sie es immer noch.

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Engelsgeflüster - Teil 1 - Entstehung eines neuen Reiches